Schotthoefer
Urteile - Archiv
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April 2005

1. "4 – Sterne Bus" - Vorsicht bei Werbung mit Gütesiegel

2. Telefonwerbung bei Rufumleitung

- Anruf zu Werbezwecken bei Gewerbetreibendem mit Rufumleitung zu Privatanschluss nicht ohne weiteres wettbewerbswidrig

3. Preisangabe im Internet:

- Preisangaben müssten alle Bestandteile enthalten
- Umsatzsteuer und Liefer- sowie Versandkosten sind Preisbestandteile
- "sprechender Link" genügt
- Angaben müssen dem Produkt eindeutig zuzuordnen sein

4. Feuchtes Toilettenpapier

- hart wie Stachelschweinborsten unzulässig
- vergleichende Werbung darf ironisch und humorvoll sein
- auch ironische und humorvolle Werbung darf nicht herabsetzen

5. Besondere Warnung für Kinder bei Lakritzprodukten

- Besonders starke Erwachsenenlakritz darf (nur) mit besonderem Hinweis vertrieben werden
- Verpackung darf diesen Hinweis aber nicht unterlaufen

6. Kein Urheberrechtsschutz für Webgrafik

- Computerbilder können urheberrechtsfähig sein
- die hell - dunkel Verfremdung einer Fotografie mittels Computer erreicht noch nicht die für urheberrechtlichen Schutzes erforderliche Schöpfungshöhe
- urheberrechtlicher Schutz setzt eine menschliche Gestaltungsleistung voraus

7. Gerichtsstand bei Kennzeichenverletzung im Internet

- Websites sind im Prinzip überall abrufbar und können überall Rechte verletzen
- deswegen könnten z. B. auch ausländische Marken vor deutschen Gerichten angegriffen werden
- der Bundesgerichtshof hat nun präzisiert, dass ein wirtschaftlich relevanter Inlandsbezug erforderlich ist.

8. Besitzer von Blöcken für Telefonnummern muss Name und Anschrift des konkreten Inhabers einer Nummer angeben, von der eine unverlangte SMS versandt wurde

- SMS–Mitteilungen zu Werbezwecken sind unzulässig
- Ist der Urheber einer solchen SMS nicht erkennbar, muß der Vermieter der Nummer Name und und Anschrift des Inhabers herausgeben

 

 

 

1. "4 – Sterne Bus"

Ein Busunternehmen bezeichnete seine Fahrzeuge als " 4 Sterne Busse ". Eine neutrale, unabhängige Überprüfung einer zuständigen Stelle der Gütegemeinschaft Buskomfort e.V. lag allerdings nicht vor, lediglich eine einfache Überprüfung durch einen technischen Überwachungsverein.

Das Landgericht (LG) Saarbrücken beanstandete die Bezeichnung „4 – Sterne Bus „ als wettbewerbswidrig. Die Gütegemeinschaft sei die einzige, die eine Kennzeichnung nach bestimmten Grundsätzen vornehme und überwache. Das vom TÜV Saarland vorgelegte Gutachten stamme nicht von einer offiziellen Stelle, die nach neutraler und unabhängiger Prüfung diese Einstufung vornehme und überwache. Daran ändere auch nicht, dass es keine allgemeine Definition des Begriffes 4 - Sterne Busse gebe.

LG Saarbrücken vom 10. September 2004, Az. 7 III 0 13/0 4
WRP 2005, S. 386

 

2. Telefonwerbung bei Rufumleitung unzulässig?

Ein Weinhändler hatte eine Telefonnummer anrufen lassen, hinter der sich nach dem Eintrag den den umgeleitet auf einen Privatanschluss. Ein Verbraucherverband nahm den Weinhändler nun wegen unzulässiger Telefonwerbung " gegenüber Verbrauchern " auf Unterlassung in Anspruch.

Das Oberlandesgericht (OLG) Köln sah sich diesen Fall ganz genau an. In dem am 8. Juli 2004 in Kraft getretenen neuen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb heißt es nämlich in § 7 Abs. 2 Nr. 2, dass " .. Werbung mit Telefonanrufen gegenüber Verbrauchern ohne deren Einwilligung und gegenüber sonstigen Marktteilnehmern ohne deren zumindest mutmaßliche Einwilligung " unlauter ist. Die Richter wiesen die Klage ab. Werde nämlich eine in aktuellen Telefonbüchern einem gewerblichen Unternehmen zugeschriebene Nummer angewählt, so handele es sich dabei erkennbar nicht um einen Verbraucher

OLG Köln vom 5.11.2004 ; Az. 6 U 88/04;
NJW 2005, S. 685

 

3. Preisangabe im Internet

Ein Unternehmen der Unterhaltungselektronikindustrie hatte im Internet für verschiedene Produkte geworben, für die bei einigen die Preise angegeben waren, bei anderen nicht. Sofern sich ein Preis fand, enthielt er nicht den Hinweis, ob die Mehrwertsteuer darin enthalten sei. Bei keinem Artikel war auch angegeben, ob zusätzliche Liefer- und Versandkosten hinzukamen. Allerdings befand sich neben jedem Angebot eine Schaltfläche (" klick hier" bzw. " anklicken ") mit weiteren Informationen über die verschiedenen Angebote. Einen Hinweis auf die Umsatzsteuer und die Liefer- und Versandkosten gab es aber auch hier nicht, der war auf einer weiteren Seite für " Allgemeine Geschäftsbedingungen " und anderen Serviceseiten enthalten und erschien auch im Rahmen des Bestellverfahrens.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg entschied nun, dass nach der Preisangaben -verordnung bei der Werbung im Internet alle Preisbestandteile, zu denen auch die Umsatzsteuer und Versand - und die Lieferkosten zählten, angegeben werden müssten. Allerdings könne dies durch einen " sprechenden Link " geschehen. Es genüge dagegen nicht, wenn am oberen Bildschirmrand allgemein auf die Seiten " Geschäftsbedingungen " und " Service " hingewiesen und der Kunde erst während des Bestellervorganges darüber informiert werde, dass der Preis die Umsatzsteuer enthalte und in welcher Höhe Versandkosten anfielen.

Die Preisangabenverordnung sei auch neben § 6 Abs. 1 des Teledienstegesetzes (TDG) anzuwenden, das es ausreichen lasse, wenn die Nutzerr auf zwei Schritten zu den Informationen gelangten. Die Preisangabenverordnung verlange nicht nur die leichte Erkennbarkeit der Pflichtangaben, sondern auch die eindeutige Zuordnung zu den angebotenen und beworbenen Artikeln.

OLG Hamburg vom 12.8.2004 ; Az. 5 U 187/03
Computer und Recht 2005, Seite 128

 

4. Feuchtes Toilettenpapier

Im Rahmen zweier Fernsehspots warb ein Hersteller für feuchtes Toilettenpapier unter der Bezeichnung " Charmin " mit der rhetorischen Frage " Fühlen sich manche feuchten Toilettentücher nicht ein bisschen steif (in dem zweiten Spot: hart) an ? " , verbunden mit der Darstellung eines Stachelschweins (bzw. den Bürsten einer Autowaschanlage ). In beiden Werbespots wurde ausdrücklich ein Vergleich mit einem " herkömmlichen Produkt auf Papierbasis " vorgenommen. Dagegen wandte sich ein Konkurrent, der Toilettenpapier aus Papier herstellte.

Die Richter des Oberlandesgerichtes (OLG) Frankfurt hatten sich nun mit der delikaten Frage zu befassen, ob darin eine herabsetzende und damit unzulässige vergleichende Werbung zu sehen sei.

Die Richter kamen zu dem Ergebnis, dass der verglichene Papiertoilettenpapier - Hersteller wegen des überschaubaren Marktes erkennbar sei. Zwar seien Ironie und Humor durchaus legitime Mittel, Aufmerksamkeit zu erregen. Allerdings müsse in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die Grenze zur Herabsetzung überschritten sei. Zwar werde niemand auf den Gedanken kommen, das herkömmliches Toilettenpapier sei so steif wie die Stachel eines Stachelschweins bzw. so hart wie die Bürsten einer Autowaschanlage. Den Verbrauchern werde nur mitgeteilt, andere feuchten Toilettentücher hätten eine nachteilige Eigenschaft, weil sie " steif " oder " hart " seien. Hierin aber liege eine unzulässige, pauschale Abwertung der Konkurrenzprodukte.

OLG Frankfurt vom 25.11.2004 ; Az. 6 U 142/04
NJW – RR 2005, S. 347

 

5. Besondere Warnung für Kinder bei Lakritzprodukten

Nach dem Lebensmittel - und Bedarfsgegenständegesetz dürfen besondere Lakritzprodukte in der Bundesrepublik nicht ohne weiteres vertrieben werden. Eine bekannte Herstellerin von Süßwaren und Lakritz hatte sich deswegen für den Vertrieb ihres Starklakritzproduktes
" Piratos" eine Ausnahmegenehmigung von der zuständigen Behörde geben lassen. Diese Ausnahmegenehmigung stand unter dem Vorbehalt, dass auf der Verpackung der Hinweis " Extra stark, Erwachsenenlakritz - kein Kinderlakritz " angebracht würde.

Das Unternehmen befolgte die Auflage, sah sich aber der Klage eines Wettbewerbsvereins gegenüber, der argumentierte, dass die Auflage nicht erfüllt sei, weil der Hinweis auf der Packungsrückseite im Fließtext an einer nicht an gut sichtbarer Stelle angebracht sei. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln bestätigte den Verbraucherverein in seiner Rechtsauffassung. Schon aus der Produktbezeichnung " Piratos "ergebe sich, dass sich das Produkt zumindest auch an Kinder wende. Die Richter argumentierten nun, dass der Hinweis die Auflage für Erwachsene wohl erfülle. Es werde aber durch die Produktverpackung der Gesamteindruck erweckt, das Produkt wende sich auch an Kinder. Der behördlich genehmigte Hinweis werde auf diese Weise unterlaufen.

OLG Köln vom 22. 9. 2004 ; Az. 6 U 72/04
GRUR - RR 2005,94

 

6. Kein Urheberrechtsschutz für Webgrafik

Ein Fullserviceprovider verwendete auf seiner Website bestimmte Grafiken eines Konkurrenten. Der ging dagegen mit dem Argument des Plagiates vor Gericht. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschied nun, dass die „übernommene“ Grafik nicht urheberrechtsfähig sei und wies die Klage auf Unterlassung deswegen ab.

Den Richtern aus Hamm fehlte es an der „ Schöpfungshöhe „. Zwar seien per Computer hergestellte Grafiken ein Bildwerk im Sinne des Urheberrechts-Gesetzes. Man könne diese Grafiken auch ausdrucken lassen und habe dann eine körperliche Festlegung wie bei einer anderen Grafik. Allerdings setze der Urheberrechtsschutz eine menschlich – gestalterische Tätigkeit voraus. Im vorliegenden Falle handele es sich um Fotografien, die am Computer lediglich verfremdet wurden, um gewisse hell - dunkel – Effekte zu erzielen. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit diese Verfremdungseffekte auf besondere Leistungen zurückzuführen seien, die die Grafiken über das normale handwerkliche Können hinausheben würden. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Verfremdungseffekte eine Kunstfertigkeit verlangten, die nicht jedem gegeben sei, der Bilder am Computer verfremden wolle.

Computerbilder genössen auch nicht urheberrechtlichen Schutz als “ Lichtbild „. Das müsste unter Benutzung strahlender Energie erzeugt worden sein.

Auch für die Website insgesamt könne kein urheberrechtliche Schutz verlangt werden. Es fänden sich dort nur einfache Sätze ohne besondere sprachliche Ausgestaltung. Die Verwendung der Grafiken und der Farbkombination braun - orange mache die Seite auch noch nicht zum Kunstwerk. Die Farbauswahl könne nicht als originell angesehen werden.

OLG Hamm vom 24.8.2004 ; Az. 4 U 51/04
GRUR – RR 2005,73

 

7. Gerichtsstand bei Kennzeichenverletzung im Internet

Da eine Website im Prinzip überall auf der Welt abrufbar und damit einsehbar ist, kann auch eine Rechtsverletzung in jedem Zielland begangen werden. So kann zum Beispiel eine in der Bundesrepublik ordnungsgemäß eingetragene, auf einer Website erscheinende Marke eine österreichische oder eine andere Marke irgendwo auf der Welt verletzen, da die Website ja überall abrufbar ist. Deswegen könnte in jedem Land, in dem eine dort eingetragene Marke verletzt würde, auch Klage eingereicht werden. Das gilt natürlich auch umgekehrt, also für ausländische Marken auf einer Website, die deutsche Kennzeichenrechte verletzt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dies nun präzisiert. Nicht jedes im Inland abrufbare Angebot ausländischer Dienstleistungen im Internet kann danach im Inland kennzeichenrechtliche Ansprüche auslösen. Die Richter des BGH stellten vielmehr fest, dass es erforderlich sei, dass das Angebot einen wirtschaftlich relevanten Instanzbezug aufweist.

BGH vom 13.10.2004 ; I ZR 163/02
NJW 2005, Seite X

 

8. Besitzer von Blöcken für Telefonnummern muss Name und Anschrift des konkreten Inhabers einer Nummer angeben, von der eine unverlangte SMS versandt wurde

Ein Handybesitzer behauptete, von einer bestimmten Rufnummer am 13.6. unverlangt eine Werbe–SMS auf seinem privat genutzten Handy erhalten zu haben. Deswegen verlangte er von dem Inhaber des Rufnummerblockes, zu dem diese Nummer gehörte, den Namen und die Anschrift des Inhabers dieser Rufnummer. Sowohl das Amtsgericht Bonn als auch das Landgericht Bonn gaben ihm Recht. Die Versendung einer unverlangten SMS -Werbung sei eine rechtswidrige Eigentumsbeeinträchtigung, wenn der Empfänger nicht sein vorheriges Einverständnis erklärt habe oder dieses im geschäftlichen Verkehr vermutet werden könne. Zwar sei die Zusendung einer unverlangten SMS für den Empfänger i. d. R. nicht mit Kosten verbunden. Allerdings sei die Speicherkapazität für SMS - Mitteilungen auf Mobiltelefonen weitaus beschränkter als auf der Mailbox für E-Mails. Die Gefahr des Überlaufenes der SMS - Box mit der Folge, dass erwünschte SMS - Nachrichten nicht empfangen werden könnten, sei und deshalb weitaus höher.

LG Bonn vom 19.7.2004 ; Az. 6 S 77/04
Computer und Recht 2005, Seite 198

 

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Dr. Peter Schotthöfer & Florian Steiner

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