Schotthoefer
Urteile - Archiv
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Januar 2008

1. EuGH: Sind TV-Gewinnspiele Teleshopping oder Fernsehwerbung?

Nach der so genannten Fernsehrichtlinie 89/552/EWG ist der Anteil der Werbung am Fernsehprogramm eines Senders zeitlich beschränkt. Deswegen kommt es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten bei der Frage, ob eine Sendung einen redaktionellen Beitrag, Werbung oder Teleshopping darstellt. Mit der Frage, ob eine Quizsendung im österreichischen Fernsehen Werbung oder Teleshopping darstellt, beschäftigte sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) in dieser Entscheidung. In dieser Sendung konnten Zuschauer über eine Mehrwerttelefonnummer (entgeltlich und zu einem höheren als dem üblichen Tarif) an einem Gewinnspiel teilnehmen.

Der BGH kam zu dem Ergebnis, dass eine derartige Sendung dann als Teleshopping anzusehen sei, wenn das Spiel innerhalb der Sendung bezogen auf die Zeit, die erhofften wirtschaftlichen Ergebnisse und die Ausrichtung der den Kandidaten gestellten Fragen ein
tatsächliches Dienstleistungsangebot darstellen. Dies gelte auch dann, wenn die dazu aufgefordert würde, die als Gewinne präsentierten Waren und Dienstleistungen zu erwerben.

EuGH vom 18.10.2007; Rs. C - 195/06
K&R 2007,643

 

2. BGH: Abmahnender muss Zugang der Abmahnung nicht beweisen, nur "darlegen"

Der erste Schritt, gegen einen Konkurrenten wegen eines Wettbewerbsverstoßes vorzugehen, besteht in dem möglichst schriftlichen Hinweis, ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen, weil es gegen ein Gesetz verstößt. Auch die Aufforderung, für den Fall der Wiederholung dieses Verhaltens eine Vertragsstrafe zu versprechen, sollte in diesem Schreiben nicht fehlen. Dieses Schreiben - Abmahnung genannt - muss dem Gegner zugesandt werden. Häufig argumentieren die Abgemahnten dann damit, sie hätten das Schreiben gar nicht erhalten.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun entschieden, dass der Abgemahnte grundsätzlich darzulegen und zu beweisen hat, dass ihm diese Abmahnung nicht zugegangen sei. Der Abmahnende müsse lediglich substantiiert darlegen, dass das Schreiben abgesandt wurde. Könne nicht festgestellt werden, ob das Abmahnschreiben dem Abgemahnten zugegangen sei, habe diese die Kosten zu tragen.

BGH vom 31.12.2006 ; Az. I ZB 160/06
GRUR 2007,629


3. Hanseatisches Oberlandesgericht: Deutsches Recht bei Rechtsverletzung durch ausländisches Online-Unternehmen?

Ein österreichisches Online Unternehmen hatte auf seiner Internetseite rechtsverletzende Äußerungen über einen deutschen Künstler verbreitet. Das Hanseatische Oberlandesgericht (HansOLG) hielt hier die Anwendbarkeit deutschen Rechtes und den deutschen Gerichtsstand für Schritte gegen das österreichische Unternehmen für gegeben.
Nach dem am 1.3.2007 in Kraft getretenen Telemediengesetz (TMG) dürften Dienstleistungen, die von im europäischen Ausland niedergelassenen Dienste geschäftsmäßig angeboten werden, nicht eingeschränkt werden. Ein Gericht müsse in diesem Fall zunächst prüfen, ob nach deutschem Recht ein Unterlassungsanspruch bestünde. Sei das nicht der Fall, sei die Klage abzuweisen. Bestünde nach deutschem Recht ein derartiger Anspruch, sei zu klären, ob dieser Anspruch auch nach der für den ausländischen Dienstleistenden maßgeblichen (hier österreichischen) Rechtsordnung der Fall sei. Bestehe danach kein Unterlassungsanspruch, sei die Klage ebenfalls abzuweisen.
Da nach der österreichischen Rechtsordnung ein Unterlassungsanspruch bestanden hätte, sei die Verurteilung zu Recht erfolgt.

HansOLG vom 24.7.2007 ; Az. 7 U 98/06
K&R 2007, S. 659


4. OLG Köln: Verstoß unwirksamer AGB kann nicht als Wettbewerbsverstoß verfolgt werden

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb gibt Unternehmen die Möglichkeit, gegen Konkurrenten wegen eines Wettbewerbsverstoßes vorzugehen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Vorschrift, gegen die verstoßen wurde, der Regelung des "Marktverhaltens" dient. Das Oberlandesgericht (OLG) entschied nun, dass die Verwendung unwirksamer allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht zu diesen Regeln des "Marktverhaltens" gehören.

Zwar könnten derartige Verstöße von dazu nach § 1 bzw. § 3 Unterlassungsklagegesetz legitimierten Stellen verfolgt werden, nicht dagegen von Konkurrenten. Unternehmen können danach also ihre Konkurrenten nicht mit einer auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb gestützten Unterlassungsklage zwingen, diese nicht mehr zu verwenden. Auch Schriftformklauseln, welche die Wirksamkeit formloser Nebenabreden betreffen, Selbstbelieferungs- und Nachbesserungsklauseln zählen nach Auffassung der Kölner Richter nicht zu diesen Klauseln. Die Verwendung unwirksamer allgemeiner Geschäftsbedingungen stelle auch kein ausnutzen der leichte Möglichkeit eines Verbrauchers oder eine irreführende Werbung dar.

OLG Köln vom 30.3.2007 ; 6 U 249/06
NJW 2007, S. 3647

5. OLG Celle: Streitwert bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung mit 3000 € angemessen

Kostenpflichtige Abmahnungen wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung sind heutzutage nicht selten. In der Regel wird das Problem dadurch gelöst, das man seine Widerrufsbelehrung in eine ordnungsgemäße Form bringt und eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgibt. Meinungsverschiedenheiten eines dann aber noch bei den Kosten geben, die wegen der Abmahnung zu erstatten sind. Grundlage für die Bemessung dieser Kosten ist der Streitwert einer Angelegenheit. - die Höhe dieser angesetzt wurde, umso höher sind natürlich die Kosten.

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat entschieden, dass bei der Bemessung des Streitwertes von einem Richtwert von 3000 EUR auszugehen sei. Der Umstand, dass eine Widerrufsbelehrung inhaltlich nicht den gesetzlichen Vorgaben entspreche, sei nur bedingt geeignet, die Kaufentscheidung des Verbrauchers zu Gunsten des Verletzers und zum Nachteil seiner sich gesetzestreu verhaltenden Konkurrenten zu beeinflussen. In der Regel werde der Verbraucher seine Kaufentscheidung nicht von der konkreten Ausgestaltung der Widerrufsbelehrung abhängig machen, zumal fraglich sein dürfte, ob der durchschnittliche, rechtlich nicht vorbelastete Verbraucher den gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt eine Widerrufsbelehrung überhaupt kennt.

OLG Celle vom 19.11.2007 ; Az. 13 EWG 112/07
Fundstelle: Eigene


6. AG Konstanz: Radio in Zahnarztpraxis vergütungspflichtig

Die GEMA verlangte von einem Zahnarzt mit einer Bestellpraxis GEMA Gebühren, weil eine Box im Warteraum der Praxis installiert war. Auch wenn Patienten nicht ohne vorherige Terminabsprache behandelt würden, so könne es doch zu Wartezeiten kommen. Über die Box sei die Wiedergabe von Sendungen des eingeschalteten Radiogerätes wahrnehmbar gewesen. Ein Kontrolleur habe dies bei einem einzigen Besuch im November 2004 festgestellt. Deswegen müsse der Zahnarzt die Gebühren bis zum November 2006 bezahlen.

Das Amtsgericht (AG) Konstanz gab der Klage teilweise statt. Die Radiowiedergabe im Wartezimmer sei "öffentlich" auch Patienten eines Zahnarztes seien Öffentlichkeit. Auch bei einer Bestellpraxis könne es zu Wartezeiten kommen. Auch wenn nur eine Person im Wartezimmer sitze, ändere dies nichts, dass es über den ganzen Tag betrachtet zu mehreren Personen kommen könne.

Nicht nachgewiesen, dass die öffentliche Rundfunkwiedergabe während des gesamten Zeitraums von zwei Jahren erfolgt sei. Der Kontrolleur könne nur aussagen, dass er bei seinem einmaligen Kontrollbesuch im November 2004 die Rundfunk wieder Abgabe wahrgenommen habe.

Wenn in dem Raum hinter dem Rezeptionsbereich Radiogeräusche zu hören gewesen seien, sei dies keine öffentliche Wiedergabe. Diese liege dann vor, wenn sie für die Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt sei. Dazu gehörten die Angestellten des Zahnarztes jedenfalls nicht.

AG Konstanz vom 26.5.2004 ; Az. 4 C 104/07
GRUR RR 2007, S. 384

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Dr. Peter Schotthöfer

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