Schotthoefer
Urteile - Archiv
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Juli 2009

1. OGH (Österreich): Kritisierende Domain mit Firmenschlagwort zulässig

- Domain "….unzufriedene Kunden der Fa. X …" zulässig

- Kritisierende Domain ist keine kennzeichenmäßige Benutzung

 

2. OLG Frankfurt: Bei irreführender Blickfangwerbung muss Hinweis gegeben werden

- Aufklärender Hinweis bei Blickfangwerbung muß so deutlich erkennbar sein wie der übrige Text

 

3. OLG Brandenburg: Stadtverwaltung darf Werbeflyer mit Gehaltsabrechnung versenden

- Versendung eines Werbeflyers einer Bank durch Stadtverwaltung mit Gehaltsabrechnung zulässig

- Eine Verknüpfung eigener privater Interesse mit der staatlichen Autorität liege nicht vor

 

4. OLG Hamm: Zur Telefonwerbung gegenüber Gewerbetreibenden

- Ein allgemeiner Sachbezug eines neuen Angebotes per Teledon reicht nicht aus

- Die Nummer des Anrufers darf nicht unterdrückt werden

 

5. LG Düsseldorf: Auch "Flappen" müssen als Werbung gekennzeichnet werden

- Separater Umschlag bei Presseerzeugnis muß als Werbung gekennzeichnet werden

 

6. LG Berlin: Kein Schadenersatz für Hochzeitausstatterfoto im Internet

- Die MFM Tabelle, nach der Entschädigung den für die unerlaubte Verwendung von Fotoaufnahmen berechnet werden können, gilt nur für Berufsfotografen

- Ein Hochzeitsausstatter ist kein Berufsfotograf

 

7. LG Düsseldorf: "Kleiner Doktor" aus Bratislawa in Deutschland unzulässig

- Der Doktorgrad erzeugt erhebliches Vertrauen in die Kompetenz und die intellektuellen Fähigkeiten seines Trägers

- Auf Erwerb im Ausland muß hingewiesen werden

 

8. AG München: Justitiar wegen "Markenraubs" vor Strafgericht

- Strafverhandlung gegen Justitiar eines Verlages wegen Markenraub

 


 


1. OGH (Österreich): Kritisierende Domain mit Firmenschlagwort zulässig

Ein Unternehmen hatte sich auf Gebäude/Mauertrockenlegung spezialisiert. Dazu hatte es ein Verfahren entwickelt mit der Bezeichnung "Gravomagnetokinese". Ein Kunde des Unternehmens war mit den Leistungen des Verfahrens unzufrieden und meldete eine Domain für sich an, die einen Teil der Unternehmensbezeichnung trug und den Zusatz "…unzufriedene". Hier sollten andere, unzufriedene Kunden ihre Meinungen austauschen.

Der oberste österreichische Gerichtshof (OGH) lehnte es ab, in der Domain eine Verletzung der Namens bzw. Markenrechtes des Unternehmens zu sehen. Nur der kennzeichenmäßige Gebrauch eines Zeichens sei dem Berechtigten vorbehalten. Es sei geradezu ausgeschlossen, dass Nutzer erwarteten, mit Hilfe dieser Domain auf Informationen des Unternehmens selbst zugreifen zu können. Eine "kritisierende" Domain sei zulässig, wenn der Name als Signal gebraucht werde, um Interessenten auf die Kritik aufmerksam zu machen und der Benutzer bei Anzeige der Seite diese Umstände sofort erkenne.

OGH 24. 2 2 1009 ; Az. 17Ob2/09g
K&R 2009, S. 430

 

2. OLG Frankfurt: Bei irreführende Blickfangwerbung muss Hinweis gegeben werden

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes muss irreführende Blickfangwerbung durch einen unmissverständlichen Hinweis aufgeklärt werden. Auch wenn der Blickfang nur die "halbe Wahrheit" enthält, muss durch ein hinreichend deutliches Zeichen auf einen aufklärenden Hinweis verwiesen werden. Von dieser Rechtsprechung ging das OLG Frankfurt auch im vorliegenden Fall aus. Hier war in der Blickfangwerbung von einer neuen Kundenprämie von 50 EUR für jeden Kunden bei Abschluss eines bestimmten Tarifs und einer Mindestabnahmemenge pro Jahr geworben worden. Auf die bestehenden Einschränkungen des Tarifs war in einer Fußnote zwar hingewiesen worden, doch war diese nicht deutlich und in gleicher Schärfe erkennbar wie der übrige Text.

OLG Frankfurt vom 31.3.2009 ; Az. 11 U 2/09
Fundstelle eigene

 

3. OLG Brandenburg: Stadtverwaltung darf Werbeflyer mit Gehaltsabrechnung versenden

Eine Bank hatte einer Stadtverwaltung Werbeflyer zur Verfügung gestellt, die diese zusammen mit den Gehaltsabrechnungen in einem die Stadt als Absender ausweisenden Briefumschlag versandte. Ein anderes Bankinstitut beanstandete dies als wettbewerbswidrig, in erster Instanz wurde die Aktion durch ein Gericht untersagt.

Das OLG Brandenburg allerdings war anderer Auffassung. Die Stadtverwaltung übersende die Gehaltsabrechnungen an ihre Mitarbeiter nicht als Behörde, sondern als Arbeitgeber. Eine Verknüpfung eigener privater Interesse mit der staatlichen Autorität liege nicht vor. Die Stadtverwaltung habe mit der Übersendung der Gehaltsabrechnung selbst kein übergeordnetes eigenes Ziel verfolgt, an das sich die Bank habe anhängen wollen. Es werde damit auch nicht an die Empfänger appelliert worden, etwa Vermögensvorsorge oder –anlage zu betreiben und insbesondere nicht daran, ein Girokonto zu eröffnen.

OLG Brandenburg vom 7.10.2008 ; Az. 6 U 157/07
GRUR – RR 2009, 239

 

4. OLG Hamm: Zur Telefonwerbung gegenüber Gewerbetreibenden

Telefonanrufe zu Werbezwecken gegenüber einem Gewerbetreibenden sind zulässig, wenn von seiner mutmaßlichen Einwilligung ausgegangen werden kann. Dies ist der Fall, wenn die Umstände vor dem Anruf sowie Art und Inhalt eine solche Einwilligung nahelegen. Ein ausreichend großes Interesse des Gewerbetreibenden könne nach der Auffassung des OLG Hamm vermutet werden, wenn der Telefonanruf in einem sachlichen Zusammenhang mit einer bereits bestehenden Geschäftsbeziehung steht. Auch bei einer bestehenden Geschäftsverbindung muss jedoch geprüft werden, ob der Werbende bei verständiger Würdigung aller ihm bekannten Umstände vor dem Anruf ein Einverständnis des Angerufenen annehmen konnte. Dabei komme es auf die Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles an. Der anzurufende Gewerbetreibende müsse gerade mit einer telefonischen Werbung einverstanden sein. Im vorliegenden Fall war eine GmbH – die bereits über einen Vertrag mit einem Anbieter verfügte - angerufen worden mit dem Angebot für einen neuen Vertrag mit einem neuen Anbieter und günstigeren Konditionen.

Dass die angerufene GmbH dies wünschte oder mit ihrem bisherigen Dienstleister nicht mehr zufrieden gewesen sei, dafür hätten keine Anhaltspunkte vorgelegen. Der Anruf habe auch nicht einem Zusatzangebot für den bestehenden Vertrag gegolten. Auch eine besondere Eile für die Information sei nicht ersichtlich gewesen. Der Angerufene müsse sich deswegen zu einem ihm aufgedrängten Zeitpunkt mit einem Angebot befassen. Ein allgemeiner Sachbezug des neuen Angebotes reiche nicht aus. Erschwerend kam im vorliegenden Fall hinzu, dass die Nummer des Anrufers unterdrückt worden war, sodass diese erst durch eine Fangschaltung ermittelt werden konnte.

OLG Hamm vom 17.2.2009 ; Az. 4 U 190/08
K&R 2009, S. 412

 

5. LG Düsseldorf: Auch "Flappen" müssen als Werbung gekennzeichnet werden

Eine Wirtschaftszeitschrift erschien mit einem halbseitigen Umschlag über Titel- und Rückseite ("Flappe"), hinter dem sich Werbung für die deutsche Bundesbahn befand. Das LG Düsseldorf entschied nun, dass auch Flappen Werbung seien und als solche gekennzeichnet werden müssten. Der separate Umschlag werde zunächst nicht als solcher wahrgenommen, weil er mit dem übrigen Bild übereinstimme. Der Leser rechne bei einem Presseerzeugnis dieser Art auch nicht mit einer versteckten Werbung.

LG Düsseldorf vom 17.12.2008 ; Az. 34 O 155/08
WRP 2009, S. 751

 

6. LG Berlin: Kein Schadenersatz für Hochzeitausstatterfoto im Internet

Ein Hochzeitausstatter verwendete auf seiner Internetseite Fotoaufnahmen der von ihm vertriebenen Produkte. Dass die Texte und Grafiken auf diese Seite dem Urheberrecht unterliegen, wurde ausdrücklich betont.

Eine angehende Braut verwendete drei der Fotos für ihr "Tagebuch" in einem Internetforum, in dem sie die Hochzeitsvorbereitungen schilderte. Die Gegenstände, die auf den Fotos abgebildet waren, hatte sie selbst beim Hochzeitausstatter gekauft.

Der Hochzeitausstatter sah in der Verwendung seiner Fotos jedoch eine Verletzung seines Urheberrechtes, mahnte die Braut und spätere Ehefrau durch einen Anwalt ab und verlangte Schadenersatz und Löschung der Fotos. Die Braut zahlte 308,20 EUR an den Anwalt, löschte die Fotos, weigerte sich aber, einen weiteren Betrag von 540 EUR als fiktive Lizenzgebühr für die Verwendung der Fotos zu bezahlen. Bei der Berechnung des Honorars für die Fotos war der Anwalt von der Tabelle der Mittelstandgemeinschaft Fotomarketing (MFM) für bis zu sechs Monaten Nutzung ausgegangen, die ein Honorar von 180 EUR pro Bild vorsah.

Das LG Berlin war der Auffassung, dass der Anspruch auf den fiktiven Schadenersatz in Höhe von 540 EUR zwar dem Grunde nach gegeben sei, im vorliegenden Fall jedoch nicht. Die MFM Tabelle gelte für Berufsfotografen, der Hochzeitausstatter sei aber kein Berufsfotograf. Zudem habe es im vorliegenden Fall an einer vermögenswerten Nutzung der Fotos durch die Frau gefehlt. Bei den Abbildungen sei der Hochzeitsausstatter als Bezugsquelle angegeben worden und eine begeisterte Beschreibung des Artikels die (".. süpi.."). Die Fotos seien damit letztlich nur als Werbung für den Hochzeitausstatter eingesetzt worden. Dafür – so das Gericht – auch noch ein Entgelt zu verlangen, sei abwegig,

LG Berlin vom 16.12.2008, Az. 16 S 9/08
GRUR – RR 2009, S. 215

 

7. LG Düsseldorf: " Kleiner Doktor" aus Bratislawa in Deutschland unzulässig

Ein deutscher Rechtsanwalt mit Anwaltskanzlei in Berlin bezeichnete sich u.a. in Zeitungsanzeigen und auf seiner Website als "RA Dr…". Der Titel war ihm in Bratislawa in der Slowakei verliehen worden. Das ergab sich allerdings nicht aus der Führung seines Titels. Das Landgericht Düsseldorf untersagte ihm nun den Titel ohne den Hinweis, woher dieser stammt. Der Doktorgrad erzeuge bei einem großen Teil der Bevölkerung erhebliches Vertrauen in die Kompetenz und die intellektuellen Fähigkeiten seines Trägers. Dieser Umstand sei objektiv geeignet, Mandanten anzulocken und damit die eigene Marktposition zu verbessern. Deswegen liege in der Führung eines im Ausland erworbenen Dr. Grades ohne Hinweis auf diese Tatsache ein relevanter Wettbewerbsverstoß.

OLG Düsseldorf vom 18.2.2009 ; Az. 12 0 184/06
K&R 2009, S. 423

 

8. AG München: Justitiar wegen "Markenraubs" vor Strafgericht

Vor dem Amtsgericht München, Strafgericht, findet demnächst eine Verhandlung gegen den Justitiar eines Verlages statt. Ihm wird "Markenraub"vorgeworfen.

Ein Autor hatte einen Roman mit dem Titel "Elfenmond" im so genannten "book on demand" Verfahren herausgebracht, also mit einer außerordentlich geringen Auflage. Ein Verlagshaus kündigte in einer Titelschutzanzeige an, dass es die Herausgabe eines Buches mit dem Titel"Unter dem Elfenmond" plane. Der Autor wies den Verlag auf seine Rechte hin, der daraufhin auf Empfehlung seines Justitiars den Titel von "Unter dem Elfenmond" in "Im Schatten des Elfenmondes" empfahl. Damit war der Autor allerdings nicht einverstanden und erstattete Strafanzeige wegen Verstoßes der gewerbsmäßigen Werktitelverletzung nach § 143 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Markengesetz. Zu einem Markenrechtsstreit vor einem Zivilgericht war er nach eigenen Angaben aus finanziellen Gründen nicht in der Lage. Das Verfahren wurde zunächst eingestellt, dann jedoch wieder eröffnet. Der Verlag wurde durchsucht und Kopien der Schreiben in der Rechtsabteilung in Sachen "Elfenmond" sowie die Verträge mit der Autorin und dem Übersetzer sichergestellt.

Kommentar:

Wird der Justitiar verurteilt, muss entweder die Kapazität deutscher Gefängnisse erheblich vergrößert oder die Produktion von Texten erheblich eingeschränkt werden. Vorgänge dieser Art passieren in der Bundesrepublik täglich zu Tausenden. Wohl ebenfalls zu Tausenden entscheiden Fachgerichte in Deutschland täglich über mögliche Markenrechtsverletzungen. Dafür gibt es spezielle Kammern an den Landgerichten mit in diesem Bereich erfahrenen Richtern. Strafrichter haben mit Markenrecht so viel zu tun wie ein Familienrichter mit Umweltrecht. Mit anderen Worten: es entscheiden Personen über Konflikte, denen es dafür an Kenntnis und Erfahrung fehlt. Dies kann zwar auch vor Zivilgerichten passieren, doch endet der Weg dann nicht im Gefängnis, sondern im Geldbeutel.

 

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Dr. Peter Schotthöfer & Florian Steiner

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