Schotthoefer
Urteile - Archiv
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Juni 2004

1. @ als Firmenbestandteil eintragungsfähig

Ein Unternehmen beantragte die Eintragung der Bezeichnung T@S GmbH als Firmenname in das Handelsregister. Während das Amtsgericht den Antrag in erster Instanz zurückgewiesen hatte, wurde ihm nun vom Landgericht Berlin stattgegeben. Das @ habe bei einem beachtlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise zwischenzeitlich die Bedeutung eines Wortzeichens mit einer speziellen Funktion erlangt, so wie das „&“, das“+“ Zeichen. Nicht von Bedeutung sei, dass einige der Verkehrsteilnehmer den Begriff englisch, andere dagegen deutsch aussprächen. Auch das @ Zeichen werde entsprechend dem deutschen Wort als „bei“ erkannt, und zwar unabhängig davon, wie es ausgesprochen wird. LG Berlin vom 13.1.2003; Az. 102 T 122/03

Fundstelle GRUR RR 2004,123

 

 

2. Zugaben nach Fall der Zugabenverordnung

Seit dem Fall der Zugabeverordnung am 31.08.2001 können Zugaben durch die Gerichte nur noch in Ausnahmefällen untersagt werden. Eine solche Ausnahme kann die Höhe der Zugabe sein. Der Bundesgerichtshof hat dazu in einem Urteil Stellung genommen.

Ein Einzelhandelsunternehmen hatte im Jahre 1999 "Treueprämien" pro 10 DM Warenwert vergeben, ein Verbraucherverein dagegen wegen eines Verstoßes gegen die damals noch geltende Zugabenverordnung geklagt. Der BGH stellte fest, dass mit dem Fall der Zugabeverordnung auch kein Verstoß gegen dieses Gesetz mehr möglich sei. Wenn nach dem 31.7.2001 solche Vergünstigungen gewährt würden, sei dies nur dann unzulässig, wenn besondere Umstände vorlägen. Dafür müssten alle Umstände des jeweiligen Einzelfalles, insbesondere Art und Weise der Zuwendung, des Vertriebes und die begleitende Werbung berücksichtigt werden. Eine solche unzulässige Vergünstigung sei dann anzunehmen, wenn diese geeignet sei, den umworbenen Verbraucher dazu zu verleiten, seine Kaufentscheidung statt nach Preis und Qualität des angebotenen Produktes allein danach zu treffen, ob ihm die zusätzlichen Vergünstigungen gewährt würden. Das sei dann wettbewerbswidrig, wenn ein verständiger Verbraucher ausnahmsweise die Rationalität der Nachfrageentscheidung vollständig in den Hintergrund treten lasse.

Es sei jedoch wettbewerbsrechtlich grundsätzlich unbedenklich, wenn die Einräumung eines Rechtes, näher bestimmte Waren zu erwerben, daran angeknüpft werde, dass zuvor andere Waren mit einem bestimmten Wert gekauft wurden. Dies sei ebenso zulässig wie Angebote, bei denen mehrere Waren und/oder Dienstleistungen zu einem Gesamtpreis abgegeben würden. Noch weniger Bedenken bestünden bei Kopplungen, bei denen der Erwerb eines Rechtes zum Kauf einzelner bestimmter Waren - wie hier - nicht an den Kauf bestimmter anderer Waren gebunden sei. Im vorliegenden Falle würden Wertmarken abgegeben, wenn der Kunde nach einer unter dem Gesamtsortiment getroffenen Auswahl Waren mit einem bestimmten Kaufpreis erworben habe. Es sei Sache des Kunden, vor dem Kauf dieser Ware Preisvergleiche anzustellen, sich Gedanken über Preis und Güte der Angebote zu machen und dabei abzuwägen, ob es ihm - auch wegen der Möglichkeit des Erwerbs von besonderen Waren - günstiger erscheine, bei der Beklagten zu kaufen statt bei deren Wettbewerber.

BGH vom 11. Dezember 2003; Az. I ZR 74/0 1

Fundstelle WRP 2004, S. 481

 

3. "Abgabe nur in haushaltsüblichen Mengen, solange Vorrat reicht"

Ein Unternehmen warb für besonders günstige Mobilfunktelefone und Geräte der Unterhaltungselektronik. Ein Stern bei einer blickfangmäßig herausgestellten Preisangabe wies auf eine Zeile hin, in der es hieß: „Abgabe nur in haushaltsüblichen Mengen, solange Vorrat reicht". Die Zentrale zur Bekämpfung gegen unlauteren Wettbewerbs beanstandete dies als unzulässige, weil irreführende Werbeaussage. Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte dazu nun jedoch fest, dass der Hinweis in einer Anzeige, dass eine "Abgabe nur in haushaltsüblichen Mengen, solange der Vorrat reicht " erfolge, für sich alleine nicht den Vorwurf sittenwidrigen Wettbewerbsverhaltens begründe. Der Werbende folge damit vielmehr dem Gebot, irreführende Angaben über die Vorratsmenge zu unterlassen.

BGH vom 11. Dezember 2003 ; Az. I ZR 83/01

Fundstelle WRP 2004, S. 483

 

4. " Die tiefsten Preise "

Ein Unternehmen warb mit der Werbeaussage "Tiefstpreisgarantie. Trotz riesiger Auswahl haben wie die tiefsten Preise der Region. Sollten Sie trotzdem eines unserer Angebote innerhalb von 14 Tagen bei gleicher Leistung woanders günstiger sehen, erstatten wir den Differenzbetrag. Garantiert".

Das Hanseatische Oberlandesgericht (HansOLG) Bremen sah darin keine unzulässige Alleinstellungsbehauptung. Es komme bei der Beurteilung der Wirkung einer Werbeaussage auf einen nicht unerheblichen - nicht völlig unbeachtlichen - Teil der Verkehrskreise an, an den sie sich wende. Schon aus der Überschrift "Tiefstpreisgarantie" ergebe sich, dass das Unternehmen sich so in die Reihe derjenigen Anbieter einreihe, die mit niedrigen Preisen werben würden. Diese scheinbare Alleinstellungsbehauptung werde durch den Zusatz eingeschränkt, dass derjenige, der ein günstigeres Angebot sehe, den Differenzbetrag erstattet erhalte. Jeder verständige und einigermaßen informierte Kunde wisse im Übrigen auch, dass ein Anbieter mit der Breite des Angebotes, über das das werbende Unternehmen im vorliegenden Fall verfüge, unmöglich bei jedem Artikel den niedrigsten Preis halten könne.

HansOLG Bremen vom 19. Februar 2004,Az. 2 U 94/03

Fundstelle WRP 2004, S. 505

 

5. Pfleger ./. Pfleger

Die Firma "Dr. R. Pfleger Chemische Fabrik GmbH“ war im Besitz einer im Juli 1994 angemeldeten und im Februar 1995 eingetragenen Wortmarke "Pfleger" für kosmetische Produkte. Ein anderes Unternehmen kündigte nun im Internet an, dass das Kennzeichen

"Caren Pfleger“ als Zeichen für kosmetische Produkte und Parfüms wiederbelebt werden solle. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg gab der Klage der Firma "R. Pfleger Chemische Fabrik GmbH " gegen die angekündigte Wiederaufnahme der Verwendung des Namens „Caren Pfleger", einer Modeschöpferin, ebenfalls für kosmetische Produkte, statt. Die Jahre im 1995 eingetragene Marke genieße Priorität, auch sei die Bezeichnung "Caren Pfleger" damit verwechselungsfähig. Der vorangestellte Vorname gebe der Gesamtbezeichnung kein so besonderes Gepräge, dass er etwa gleichgewichtig sei und neben Pfleger stünde. Auch wenn der Vorname "Caren" eine gewisse Abwandlung des weithin bekannten deutschen Vornamens „Karin" darstelle, komme ihm doch keine gleichwertige oder gar vorherrschende Bedeutung innerhalb der Gesamtbezeichnung zu. Denn ungebräuchlich sei der Vornamen "Caren" nicht. Aus diesem Grunde sei die Bezeichnung „Caren Pfleger" mit der Marke "Pfleger" verwechselungsfähig und ihr Gebrauch zu unterlassen.

OLG Hamburg vom 3.7.2003 ; Az. 3 U 194/02

Fundstelle GRUR-RR 2004, S. 111

 

6. Keine Prämien von Autovermieter für Angestellte eines Reisebüros

Unter der Internetadresse www.sixperts.de führte ein Autovermieter ein Prämiensystem für Mitarbeiter von Reisebüros ein. Danach erhielten diese für jede Buchung eines Mietwagens dieser Firma entsprechend einem bestimmten Tarif zwischen zehn und 40 Punkten im Wert von zehn Cent pro Punkt. Die Punkte konnten in Sachprämien, Wochenendnutzungen von Fahrzeugen oder in Bargeld eingetauscht werden. Bei längerer Ansammlung von Punkten gab es z. B. Prämien wie eine Fotokamera, ein Fahrrad oder ein Wochenende mit einem Mercedes-Sport Coupe. Die Berechtigung zur Teilnahme an dem Punktsystem wurde durch die Eingabe einer online erhältlichen Identifikationsnummer erlangt, die auf nahezu allen in der Praxis eingesetzten Reisebüro-Software-Systemen vorgesehen ist.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg verbot diese Werbeaktion nunmehr als wettbewerbswidrig. Das Publikum werde dadurch in seiner berechtigten Erwartung getäuscht, sachlich und objektiv beraten zu werden. Vorliegend gehe es nicht darum, dem Endverbraucher zusätzliche Leistungen zu gewähren, sondern dem Angestellten des ihn beratenden Verkäufers, ohne dass dies offenbaren werde. Der Kunde wisse zwar, dass ein Reisebüro Provisionen für die Vermittlung von Reiseleistungen in Rechnung stelle, dies habe aber nicht die Qualität von einzelnen Vergünstigungen an die einzelnen Angestellten. Denn während der Inhaber eines Reisebüros als der verantwortliche Unternehmer "über den Tellerrand" schauen müsse und auch einmal eine weniger hohe Provision in Kauf nehmen werde, um den Kunden zufriedenzustellen und langfristig an sich zu binden, bestehe bei den Angestellten viel eher die Gefahr, dass sie den kurzfristigen Vorteil für sich anstrebten und den Kunden einseitig berieten. Im Extremfalle könnten sich auf diese Weise für einen Angestellten zwischen 50 und 280 € Prämie an einem Tag ergeben.

OLG Hamburg vom 23.10. 2003 ; Az. 5 U 17/03

Fundstelle GRUR RR 2004, S. 117

 

7. Telefonwerbung

Ein Unternehmen, das Immobilien, Versicherungen, Finanzierungen sowie Vermögensanlagen vermittelte, sandte unaufgefordert "InfoBriefe" aus. Den Empfänger eines dieser Briefe, den Geschäftsführer einer Firma für Medizintechnik, rief ein Mitarbeiter des InfoBrief Versenders ohne dessen vorheriges Einverständnis an. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt beanstandete den Anruf als wettbewerbswidrig. Auch Gewerbetreibende dürften nur zu Werbezwecken angerufen werden, wenn der Anzurufende entweder ausdrücklich oder konkludent sein Einverständnis damit erklärt habe oder ein solches Einverständnis vom Anrufer auf Grund konkreter tatsächlicher Umstände vermutet werden dürfe. Unerbetene Telefonanrufe könnten auch bei Gewerbetreibenden zu Beeinträchtigungen führen. Der Angerufene werde in seiner beruflichen Tätigkeit unterbrochen, der Telefonanschluss während des Gespräches besetzt. Ein bloßer allgemeiner Sachzusammenhang zum Geschäftsbetrieb reiche für sich allein nicht aus. Im vorliegenden Fall habe zwischen dem Geschäftsführer der angerufenen Firma und dem anrufenden Unternehmen auch keine Geschäftsbeziehung bestanden. Eine solche sei auch nicht durch die unverlangte Zusendung des Infobriefes geschaffen worden. Von einer Branchenüblichkeit telefonischer Werbemaßnahmen im Bereiche seriöser Anlageberatung könne ebenfalls nicht die Rede sein. Auch wenn der Anruf dem Ziel der Bereinigung der Datenbank des Versenders der Infobriefe gedient haben sollte, sei dies kein Grund, den Geschäftsführer gerade telefonisch anzusprechen. Das Verbot der Telefonwerbung widerspreche auch nicht europarechtlichen Vorschriften.

OLG Frankfurt vom 25.11.2003 ; Az. 22:0034/01

Fundstelle WRP 2004, S. 515

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