Schotthoefer
Urteile - Archiv
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November 2006

1. BGH: Kunden dürfen (jetzt) Kunden werben

- Nach der Übernahme des europäischen Verbraucherleitbildes ist die Werbung durch Laien nur u.U. unzulässig
- unzulässig ist sie z. B., wenn die Gefahr der Irreführung besteht oder sich auf Waren oder Dienstleistungen bezieht, für die besondere Maßstäbe gelten

 

2. BGH: Kein formularmäßiger Beitritt zu Einkaufszentrum - Werbegemeinschaft

- Die formularmäßige Verpflichtung des Mieters, einer Werbegemeinschaft in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes beizutreten, verstößt gegen das Gesetz

 

3. LG Bonn: Telekom und die Lesbarkeit von Fußnote

- Die Schrift in Fußnoten, in denen z. B. eine Werbeaussage erläutert wird, darf nicht zu klein sein

 

4. OLG Celle: Namensverwendung durch Metatag

- Das Einfügen eines Namens in ein fremdes Metatag ohne Einwilligung des Inhabers der Zielwebsite ist unzulässig

 

5. OLG Frankfurt: Streitwert in Wettbewerbssachen

- Ausschlaggebend ist das Interesse desjenigen, der den Prozess aktiv führt
- Dieses Interesse bestimmt sich nach objektiven Kriterien auf Grund der Umstände des Einzelfalles
- Umstände können sein die wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits für den Antragsteller, die Größe und der Umsatz des Unternehmens des Antragstellers, seine eigene Marktstellung und die des Angreifers
- Der Abschreckungsgedanke und die Gefährlichkeit des Wettbewerbsverstoßes sind solche Umstände

 

6. LG Leipzig: " der preiswerteste "

- Die Aussage ist unzutreffend, nicht nachprüfbar und damit unzulässig

 

7. OLG Naumburg: Apothekeneinkaufsgutschein auf Zuckertüte

- Nicht zulässig für rezeptpflichtigen Arzneimittel

 

8. OLG Naumburg: 5 Euro Gutschein in Apotheke nicht unzulässig

- Apothekenversandhändler darf mit Gutscheinen werben
- Bei diesem Gutscheinsystem handele es sich nicht um Produktwerbung

 

9. OLG Naumburg: Fehlende Angabe der Aufsichtsbehörde auf Website ist Bagatelle

- Ist - wie einem Makler - für eine Tätigkeit die Genehmigung durch eine Aufsichtsbehörde notwendig, muss diese auf der Website gem. § 6 Satz 1 Nr. 3 Teledienstgesetz (TDG) angegeben werden
- Dieser Verstoß überschreitet jedoch die in § 3 UWG festgelegte Erheblichkeitsschwelle nicht

 

10. LG Halle: Muster der gesetzlichen Widerrufsbelehrung ist nichtig

- Nach Auffassung des LG Halle ist die sog. BGB – InfoVerordnung nichtig
- Eine Widerrufsbelehrung, die sich daran hält, setzt den Beginn der Widerrufsfrist nicht in Kraft
- Der Käufer kann auch nach Ablauf der Widerrufsfrist den Vertrag widerrufen

 


 

1. BGH: Kunden werben Kunden

Die Werbung von Kunden durch Kunden mit Rabatten und Zugaben war zu Zeiten des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung nicht ohne weiteres zulässig. Der Bundes -gerichtshof (BGH) hat nun festgestellt, dass nach Aufhebung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung und insbesondere vor dem Hintergrund des neuen Verbraucherleitbildes auch die Werbung von Laien durch Laien nur bei Vorliegen besonderer Umstände unzulässig ist. Ein solcher Umstand kann darin liegen, dass sich die Werbung auf Waren oder Dienstleistungen bezieht, für die – wie z. B. für Heilmittel - ein Werbeverbot besteht.

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte ein Augenoptiker Kunden eine Prämie in Aussicht gestellt, wenn ein von ihnen geworbener neuer Kunde Gleitsichtgläser im Wert von mindestens 100 EUR erwerbe.

Nach der Übernahme des europäischen Verbraucherleitbildes und im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber sachfremde Zuwendungen nicht mehr so streng beurteilt wie früher ist, sei die Werbung durch Laien nur dann unzulässig, wenn die Gefahr der Irreführung bestehe oder sich auf Waren oder Dienstleistungen beziehe, für die besondere Maßstäbe gelten. Im vorliegenden Fall betrug der Wert der Prämie ca. 30 EUR. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes könne nach der Lebenserfahrung nicht davon ausgegangen werden, dass die Laienwerber unlautere Mittel einsetzen würden, um in den Besitz dieser Prämie zu gelangen. Mit Werbemaßnahmen verbundene Belästigungen seien grundsätzlich hinzunehmen. Unlauter sei eine Wettbewerbshandlung erst, wenn sie die Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästige.

BGH vom 6. Juli 2006 ; Az. I ZR 145/03
WRP 2006, S. 1370

 

 

2. BGH: Kein formularmäßiger Beitritt zu Einkaufszentrum - Werbegemeinschaft

Die formularmäßige Verpflichtung des Mieters in einem Einkaufszentrum, einer Werbe -gemeinschaft in der Form einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechtes beizutreten, verstößt wegen des damit verbundenen Haftungsrisikos des Mieters gegen das Gesetz. Die Miete, die der Mieter in einem Einkaufszentrum in einer Werbegemeinschaft zu leisten habe, müsse wegen der gesetzlich vorgeschriebenen Transparenz bestimmbar sein. Zumindest müsse eine Höchstgrenze festgesetzt sein, damit der Mieter die auf ihn zukommenden Kosten kalkulieren könne.

BGH vom 12.7.2006 ; XII ZR 39/04
NJW 2006, Nr. 40, S. VIII

 

3. LG Bonn: Telekom und die Lesbarkeit von Fußnoten

Ein Unternehmen der Telekommunikation bot in einem Prospekt verschiedene Produkte an. Neben manchen Wörtern fand sich eine hochgestellte Fußnote, die auf einen erläuternden Text verwies. Dieser Text war zum Teil in der Mitte der Doppelseite des Prospektes in der unteren Hälfte angebracht, verteilt auf beiden Seiten.

Die Ziffern der Fußnoten waren genauso klein gesetzt wie der weitere Fußnotentext. Wer nicht über scharfe Augen verfügte oder dies durch einen entsprechend angepasstes Lesegerät kompensierte, hatte nach Ansicht der Richter Schwierigkeiten, insbesondere die auf dem Mittelstreifen des Prospektes befindlichen Ziffern herauszufinden. Zudem befanden sich in diesem Text zwischen den einzelnen Fußnoten keine Leerzeilen. Dieser Fußnotentext sei als solcher nicht deutlich lesbar, meinten die Richter.

Der Anforderung an deutliche Lesbarkeit könne auch nicht dadurch genügt werden, dass der Leser mit überdurchschnittlicher Aufmerksamkeit die Buchstaben des Fußnotentextes entziffern könne. Lesen sei außer der durch die Augen vermittelten Wahrnehmung ein kognitiver Prozess. Auch führe der Kleindruck zu einer Lustlosigkeit des Lesers, sich auf diesen Text zu konzentrieren. Das Transparenzgebot erfordere, dass die optische Ausgestaltung des Textes dessen Informationsfunktion genügt. Das sei hier nicht der Fall.

LG Bonn vom 11.5.2006 ; Az. 11 0 9/06
Kommunikation und Recht 2006, S. 421

 

4. OLG Celle: Namensverwendung durch Metatag

Ein Altenheim verfügte über eine Website im HTML Format. Hinter dem Tag der Website war die Adresse eines anderen Altenheimes, allerdings nicht sichtbar eingefügt. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle sah darin bereits eine unzulässige Verwendung des Namens des Namens des Altenheimes. Eine derartige Konstruktion führe dazu, dass wenn nach " ..de"

auch die Website des Altenheimes genannt werde, dessen Adresse unsichtbar eingefügt worden war. Der Name des zweiten Altenheimes sei in den Quellcode der Website des ersten hinein geschrieben worden, um auf diese Weise zum Erfolge von Suchmaschinen im Internet zu profitieren.

OLG Celle vom 20.7.2006 ; Az. 13 U 65/06
Computer und Recht 2006, Seite 679

 

5. OLG Frankfurt: Streitwert in Wettbewerbssachen

In einem Rechtsstreit zwischen zwei Juwelieren wegen mehrerer wettbewerbswidriger Aussagen setzte das OLG Frankfurt den Streitwert auf 25.000 EUR fest. Ausschlaggebend sei allein das Interesse desjenigen, der den Prozess aktiv geführt habe. Dieses Interesse werde nach objektiven Kriterien auf Grund der Umstände des Einzelfalles bestimmt. Maßgebend sei die wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits für den Antragsteller. Einen Regelsatz für Wettbewerbsstreitigkeiten gebe es nicht. Eine Rolle spielten die Größe und der Umsatz des Unternehmens des Antragstellers, seine eigene Marktstellung und die des Angreifers. Hinzukomme der Abschreckungsgedanke und die Gefährlichkeit des Wettbewerbsverstoßes.

OLG Frankfurt vom 13. 03. 2006 ; Az. 25 W 19/06
WRP 2006, S. 1272

 

6. LG Leipzig: "der preiswerteste"

Die Wertung mit der Aussage eines Kunden, dieser habe die Preise mit vier Anbietern aus der Umgebung des werbenden Möbelhauses F verglichen und bei Möbel F. tatsächlich mit Abstand die preiswertesten Produkte bei bester Qualität gefunden, stellt nach Auffassung des Landgerichts Leipzig eine unzutreffende, nicht nachprüfbare und damit unzulässige Alleinstellungsbehauptung dar. Der Kunde könne nicht nachprüfen, welche Preise wann und wo konkret verglichen worden seien, die Aussage sei deswegen nicht nachprüfbar und in - transparent.

LG Leipzig vom 17.8.2006 ; Az. 05 O 4757/05
WRP 2006, S. 1400

 

7. OLG Naumburg: Apothekeneinkaufsgutschein auf Zuckertüte

Eine Apothekerin verteilte in einem Krankenhaus Gutscheine, die auf Kaffeezuckertüten gedruckt waren. Die Gutscheine stellten einen Wert von 0,50 EUR dar und konnten bei einem Einkauf ab 10 € eingelöst werden. Bei dem Verkauf von rezeptpflichtigen Medikamenten gelte der Gutschein dagegen nicht. Dies werde dem Kunden in der Apotheke erklärt. Das Oberlandesgericht Naumburg befasste sich in einem ausführlichen Urteil mit den Rechtsfragen dieser Werbeaktion. Es verbot die Aktion mit dem Argument, dass der Nachlass auch dann gewährt werde, wenn ein rezeptpflichtigen Arzneimitteln erworben werde. Da nicht angegeben war, dass das Angebot bei einem Einkauf derartiger Produkte nicht gelte, sei das Transparenzgebot verletzt worden.

OLG Naumburg vom 9.7.2006 ; Az. 10 U 13/06
WRP 2006, Seite 1393

 

8. OLG Naumburg: 5 Euro Gutschein in Apotheke nicht unzulässig

Ein Apothekenversandhändler vertrieb im Internet Arzneimittel und apothekenübliche Waren. Auf der Website bot er Gutscheine für jeweils 5 Euro an, wenn man eine Bestellung vornehme. Außerdem konnte man für eine Erstbestellung noch einmal einen Gutschein im Wert von 5 € erhalten.

Das Oberlandesgericht Naumburg hatte daran nichts zu beanstanden. Die Auslobung der 5 € Gutscheine für den Fall der Einlösung eines Rezeptes und bei der Gewährung des Rabattes im Rahmen des sich anschließenden Geschäftes sei kein Verstoß gegen das Heilmittel -werbegesetz. Bei dem Gutscheinsystem des Internethändlers handele es sich nicht um Produktwerbung für vom Heilmittelwerbegesetz erfasste Mittel. Den Gutschein erhalte man auch nicht, wenn man ein bestimmtes konkretes Arzneimittel erwerben. Auch ein Verstoß gegen das Gebot der Preisbindung nach dem Arzneimittelgesetz sei nicht gegeben.

OLG Naumburg vom 26.8.2005 ; Az. 10 U 10/04
GR - RR 2006 S. 336

 

9. OLG Naumburg: Fehlende Angabe der Aufsichtsbehörde auf Website ist Bagatelle

Weil ein Unternehmen aus dem Immobilienbereich auf seiner Website die Aufsichtsbehörde nicht angegeben hatte, wurde es abgemahnt. Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz stellte dazu fest, dass von einem Unternehmen, dessen Tätigkeit einer Aufsichtsbehörde wie im Fall eines Maklers genehmigt werden müsse, auf seiner Website auch die Genehmigungsbehörde gem. § 6 Satz 1 Nr. 3 Teledienstgesetz (TDG) angegeben werden müsse.

Allerdings überschreite dieser Verstoß die in § 3 UWG festgelegte Erheblichkeitsschwelle nicht. Das Gesetz wolle nur Wettbewerbsmaßnahmen von einem gewissen Gewicht für das Wettbewerbsgeschehen und die Interessen der geschützten Personenkreise gewährleisten. Die Verfolgung von Bagatellfällen, an deren Verfolgung kein schutzwürdiges Interesse der Allgemeinheit bestehe, solle ausgeschlossen werden. Im vorliegenden Falle werde diese Schwelle nicht überschritten.

OLG Koblenz vom 25.5.2006 ; Az. 4 U 1587/05
Computer und Recht 2006, S. 639

 

10. LG Halle: Muster der gesetzlichen Widerrufsbelehrung ist nichtig

Das Fernabsatzgesetz verlangt eine Belehrung des Verbrauchers über seine Rechte, insb. über die Möglichkeit zum Widerruf. Erfolgt diese Belehrung nicht oder nicht in der richtigen Form, kann ein Käufer auch nach Ende einer Widerrufsfrist den Vertrag widerrufen. Den Inhalt einer solchen Widerrufsbelehrung hat der Gesetzgeber in einer eigenen BGB - InfoVerordnung geregelt. Wer sich an diesen gesetzlich empfohlenen Inhalt hielt, konnte eigentlich davon ausgehen, sich auf der sicheren Seite zu befinden.

Das Landgericht (LG) Halle war nun jedoch der Meinung, dass diese BGB – InfoVerordnung rechtswidrig und mangels hinreichender Verordnungsermächtigung für den Gesetzgeber nichtig sei. Dies wiederum bedeute, dass derjenige, der sich an die gesetzliche Vorgabe in seiner Widerrufsbelehrung gehalten habe, sich darauf nicht berufen könne. Im konkreten Fall bedeutete dies, dass die Klage eines Verkäufers gegen einen Kunden auf Zahlung des Preises abgewiesen wurde, da der Käufer nach Ablauf der Widerrufsfrist den Vertrag zu Recht widerrufen hatte, weil nach Auffassung der Richter eine richtige Widerrufsbelehrung nicht erfolgt sei.

LG Halle vom 13.5.2005 ; Az. 1 S 28/05
Computer und Recht 2006, S. 709

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Dr. Peter Schotthöfer & Florian Steiner

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