Schotthoefer
Urteile - Archiv
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November 2007

1. OLG Frankfurt: "Biosphärenwasser", das "Seinesgleichen sucht"

- Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hielt die Bezeichnung "Biosphärenwasser" für ein Mineralwasser für irreführend, die Aussage "Das Wasser, das Seinesgleichen sucht" dagegen nicht.

- Der durchschnittlich informierte verständige Verbraucher erkenne, dass es sich nicht objektiv und generell für eine Vielzahl von Menschen feststellen lassen, welches Mineralwasser unübertroffen sei

 

2. OLG München: Rechtsverletzung durch Linksetzung

- Das OLG München urteilte, dass auch das Anbringen eines Links als Veröffentlichung im rechtlichen Sinne anzusehen sei, die nur mit Zustimmung der abgebildeten Person (bzw. des Inhabers der Nutzungsrechte an diesem Bild) erlaubt sei.

 

3. KG Berlin: "mich" genügt als Anbieterkennung

- Nach Auffassung des KG Berlin genügt es als Hinweis auf das Impressum, wenn sich die Schaltfläche "mich" auf der Startseite befindet.

 

4. KG Berlin: Familienname mit vorangestelltem ersten Buchstaben des Vornamens genügt als Anbieterkennzeichnung nicht


- Gibt ein Unternehmer bei dem Fernabsatz von Waren auf seiner Website nicht seinen vollen Namen an, sondern lediglich seinen Familiennamen mit vorangestelltem erstem Buchstaben des Vornamens ( also z.B. W. Müller ), so verstößt er gegen das Gesetz und
begeht einen Wettbewerbsverstoß.

 

5. Landgericht Mannheim: Fotografie ist urheberrechtsfähig

- Das LG Mannheim stellt fest, dass vom Urheberrechtsgesetz geschützte Fotografien ( = Lichtbildwerke ) sich durch Individualität auszeichnen müssen

- Als Anhaltspunkte seien u.a. ein besonderer Bildausschnitt, Licht, und Schattenkontraste sowie ungewohnte Perspektiven heranzuziehen

 

6. LG Ulm: Werbung mit sozialem Engagement auch i. V. m. Arzneimitteln zulässig

- Das Landgericht (LG) Ulm erlaubt Werbung auch für Arzneimittel auch ohne sachlichen Zusammenhang zwischen Produkt und sozialem Engagement

 

7. LG Mannheim: Abgrenzung zwischen Verwarnung/Abmahnung und "Berechtigungsanfrage"

- Das Landgericht Mannheim hat sich mit der Abgrenzung zwischen „Abmahnung" und „Bitte um Stellungnahme zu möglichem Patentverstoß" geäußert

 

8. LG München I: Vorsicht bei Stadtplänen aus dem Internet

- Die Verwendung eines Ausschnittes aus einem Stadtplan aus dem Internet ohne Genehmigung des Inhabers ist nach Auffassung des LG München I eine Urheberrechtsverletzung

- Zur Höhe des Schadensersatzes bei einer solchen Urheberrechtsverletzung

 


 

1. OLG Frankfurt: "Biosphärenwasser", das "Seinesgleichen sucht"

Ein Mineralwasserproduzent bezeichnete sein Produkt als "Biosphärenwasser", es sei ein "Wasser, das Seinesgleichen sucht". Zur Begründung berief er sich darauf, dass der Brunnen in der Rhön liege, die als "Unesco Biosphärenreservat" ausgezeichnet sei.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hielt die Bezeichnung "Biosphärenwasser" für irreführend, die Aussage "Wasser, das Seinesgleichen sucht" dagegen nicht.

Bei der Aussage "Biosphärenwasser" handele es sich um eine irreführende Qualitätsaussage. Die Bezeichnung enthalte keinerlei Hinweis auf das Herkunftsgebiet, nämlich das Bioreservat Rhön. Mit dem Attribut "Biosphärenwasser" werde zum Ausdruck gebracht, dass es sich hier um Wasser besonderer Qualität handele - was unzutreffend sei.

Die Behauptung, es handele sich bei diesem Produkt um "Ein Wasser, das Seinesgleichen sucht", könne dagegen nicht beanstandet werden. Die angesprochenen Verkehrskreise verstünden diese Aussagen nicht als Behauptung, das Mineralwasser sei nicht zu übertreffen. Außerdem hingen die Anforderungen an ein Mineralwasser von den individuellen Bedürfnissen und insbesondere dem Geschmack des Einzelnen ab. Der durchschnittlich informierte verständige Verbraucher erkenne, dass es sich nicht objektiv und generell für eine Vielzahl von Menschen feststellen lasse, welches Mineralwasser unübertroffen sei. Anders wäre das nur dann, wenn sich die in Anspruch genommene Spitzenstellung auf konkrete und objektiv nachprüfbare Umstände bezögen.

OLG Frankfurt vom 3.7.2007 ; Az. 14 W 51/07
WRP 2007, S. 1386

 

2. OLG München: Rechtsverletzung durch Linksetzung

Das Oberlandesgericht (OLG) München hatte sich mit der Frage zu befassen, ob die Anbringung eines Links zu einem Foto auf einer anderen Website ohne Einwilligung der abgebildeten Person zulässig ist. Diese Frage ist deswegen von allgemeiner Bedeutung, weil auch Händler häufig Verbindungen von ihrer Website zu Abbildungen von Produkten auf den Websites von Herstellern zu Illustration der eigenen Leistungsfähigkeit setzen.

Das OLG München kam zu dem Ergebnis, dass auch das Anbringen eines derartigen Links als Veröffentlichung im rechtlichen Sinne anzusehen sei, die nur mit Zustimmung der abgebildeten Person (bzw. des Inhabers der Nutzungsrechte an diesem Bild) erlaubt sei.

OLG München vom 26. 6. 2007; Az. 30 0 2067/07
K&R 2007,531

 

3. KG Berlin: "mich" genügt als Anbieterkennung

Nach dem Telemediengesetz (TMG) muss ein Internetauftritt eine Anbieterkennung enthalten. Das Kammergericht (KG) Berlin kam nun zu dem Ergebnis, dass es ausreiche, wenn sich auf der Schaltfläche "mich" auf der Startseite das Impressum befindet. Der Bundesgerichtshof habe entschieden, dass die Impressumspflicht erfüllt sei, wenn die Anbieter Kennzeichnung über zwei Links "Kontakt" und "Impressum" erreichbar sei. Der mit den Gepflogenheiten vertraut sei, erwarte unter dieser Schaltfläche die Anbieterdaten. Wer nicht damit vertraut sei, werde vermuten, dort die gewünschten Informationen erfahren.

KG Berlin vom 11.5.2007 ; Az. 5 W 116/07
GRUR RR 2007, S. 326

 

4. KG Berlin: Familienname mit vorangestelltem ersten Buchstaben des Vornamens genügt als Anbieterkennzeichnung nicht

Gibt ein Unternehmer bei dem Fernabsatz von Waren auf seiner Website nicht seinen vollen Namen an, sondern lediglich seinen Familiennamen mit vorangestelltem ersten Buchstaben des Vornamens (also z.B. W. Müller), so verstößt er gegen das Gesetz und begeht einen Wettbewerbsverstoß.

Nach § 312 c Abs. 1 BGB müsse dem Verbraucher klar und verständlich u. a. die Information über die Identität des Verkäufers zur Verfügung gestellt werden. Dazu gehöre, dass der Unternehmer seinen Namen angegebe, der aus dem Familiennamen und Vornamen besteht. Werde nur der erste Buchstaben des Vornamens angegeben, sei diese Verpflichtung nicht erfüllt.

Das Gericht kam weiter zu dem Ergebnis, dass dieser Verstoß (Angabe lediglich eines Buchstabens für den Vornamen) auch zu einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs führen könne und deswegen auch einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerbs darstelle.

KG vom 13.12.2007 ; Az. 5 GG 34/07
GRUR RR 2007, S. 328

 

5. Landgericht Mannheim: Fotografie ist urheberrechtsfähig

Das Landgericht (LG) Mannheim hatte zu den Anforderungen an die Qualität einer Fotografie aus urheberrechtlicher Sicht Stellung genommen. Als vom Urheberrechtsgesetz geschützte Fotografien (= Lichtbildwerke) seien solche zu verstehen, die sich gegenüber dem Alltäglichen ("Knippsbilder") durch Individualität auszeichneten. Als Anhaltspunkte für eine hinreichende Individualität seien unter anderem ein besonderer Bildausschnitt, Licht, und Schattenkontraste sowie ungewohnte Perspektiven heranzuziehen. Entscheidend sei, dass es sich um das "Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers" handele. Dabei seien geringe Anforderungen zu stellen. Auch Gegenstandsfotografieen seien geschützt, so weit sie nicht „blindlings“ geknipst worden seien. Eine schöpferische Leistung des Fotografen könne in der Auswahl des Aufnahmeortes, eines bestimmten Kameratyps, eines bestimmten Films, eines bestimmten Objektivs sowie in der Wahl von Blende und Zeit sowie weiterer Einstellungen liegen.

LG Mannheim vom 14.7.2006 ; Az. 7 S 2/03
Fundstelle: eigene

 

6. LG Ulm: Werbung mit sozialem Engagement auch i. V. m. Arzneimitteln zulässig

Der Hersteller von sogenannten Generika, also Arzneimitteln, deren Patentzeit abgelaufen ist, warb in einem Fernsehspot und in Zeitungsanzeigen damit, dass für jede vom Verbraucher gekaufte Arzneimittelpackung ein (nicht genannter) Betrag an das Projekt "World in Balance" abgeführt werde. Ein Verbraucherverein beanstandete dies wegen der Koppelung der Zuwendung an das Projekt mit dem Kauf eines Arzneimittels als insbesondere im Gesundheitsbereich unzulässig.

Das Landgericht (LG) Ulm teilte diese Auffassung jedoch nicht. Das Erfordernis eines sachlichen Zusammenhanges zwischen Produkt und sozialem Engagement sei vom BVerfG ausdrücklich aufgegeben worden. Die Besonderheiten im Arzneimittelbereich bzw. der Werbung im Gesundheitswesen rechtfertigten von diesem Grundsatz keine Ausnahme. Es liege auch keine nach dem Heilmittelwerbegesetzes unzulässige Zugabe vor. Schließlich würden die angesprochenen Verkehrskreise auch nicht in die Irre geführt. Der durchschnittlich informierte und situationsadäquat aufmerksame Adressat erwarte nicht einen Spendenbetrag pro verkaufte Packung über einen Cent. Der (tatsächlich einkalkulierte) einkalkulierte Beitrag pro Packung müsse auch nicht angezeigt werden. Entscheidend sei nur, dass der Förderbetrag tatsächlich geleistet werde.

LG Ulm vom 16.1.2007 ; Az. 10 O 157/06
GRUR RR 2007, S. 300

 

7. LG Mannheim: Abgrenzung zwischen Verwarnung/Abmahnung und "Berechtigungsanfrage"

Wer der Meinung ist, ein Konkurrent habe sein Patent verletzt, muss vorsichtig sein. Schickt er diesem Konkurrenten eine Abmahnung - stellt sich dann aber heraus, dass eine Verletzung nicht vorliegt, kann der Abgemahnte sich gegen die unberechtigte Abmahnung seinerseits mit u. U. erheblichen Folgen zur Wehr setzen.

Das Landgericht Mannheim hat nun in einer Entscheidung festgestellt, dass nur dann eine "Abmahnung" in diesem Sinne vorliege, wenn darin ein ernsthaftes und endgültiges Unterlassungsbegehren zu erkennen sei. Werde dagegen neben dem Hinweis auf die Patentverletzung um Auskunft und Stellungnahme gebeten, weshalb sich der vermeintliche Verletzer für berechtigt halte, das Patent zu missachten und für den Fall, dass die Patentbenutzung nicht mit Argumenten begründet werden könne, mit der Einschaltung von Patentanwälten gedroht, sei das Stadium eines ernsthaften und endgültigen Unterlassungsbegehrens noch nicht erreicht.

LG Mannheim vom 7.4.2006, Az. 7 O 47/06
GRUR - RR 2007, S. 304

 

8. LG München I: Vorsicht bei Stadtplänen aus dem Internet

Der Inhaber eines Restaurants baute in seine Internetseite einen Stadtplan ein, den er der Internetseite eines kartografischen Verlages entnommen hatte. So sollten seine Gäste schneller den Weg ins Restaurant finden. Das Landgericht München I stellte fest, dass die Verwendung eines Ausschnittes aus diesem Stadtplan ohne Genehmigung des Inhabers der Rechte eine Urheberrechtsverletzung sei. Der Restaurantbesitzer habe auch fahrlässig seine Prüfung und Erkundigungspflicht verletzt. Auch die Tatsache, dass der Restaurantbesitzer die Seite nicht selbst erstellt habe, sondern ein Dritter, ändere an der Urheberrechtsverletzung nichts. Der Verlag könne als Schadenersatz verlangen, was er erhalten hätte, wenn er um Erlaubnis gefragt worden hätte. Für einen Kartenausschnitt in einer bestimmten Mindestabnahmegröße bei unbegrenzter Nutzungsdauer verlange und bekomme der Verlag 650 EUR. Das Gericht erklärte auch, dass die kurze Nutzungsdauer und die geringen Zugriffszahlen an der Höhe des Schadensersatzes nichts änderten.

LG München I vom 15.11.2006 ; Az. 21 O 506/06
Computer und Recht 2007, S. 674

Letzte Meldung:

Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung nur bei Vorlage einer Originalvollmacht wirksam ist. Wird die fehlende Vollmacht vom Empfänger der Abmahnung sofort gerügt, entfaltet diese keine rechtliche Wirkung. Dies ist deswegen von Bedeutung, weil andere Gerichte andere Auffassungen in dieser Frage vertreten.

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Dr. Peter Schotthöfer

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