Schotthoefer
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November 2012

1. BGH: "Zentrum" und "Center" 

 

2. BGH: Urheberrechtlicher Lizenzvertrag über Werk, das urheberrechtlich nicht geschützt ist, ist wirksam

 

3. BGH: "pjure" mit "pure" nicht verwechslungsfähig

 

4. BGH: der Geschäftsführer haftet für Markenverletzungen auch persönlich

 

5. LG Osnabrück: "ehem. NP" bei Kfz Verkauf irreführend

 

6. OLG Hamm: Verwendung zweier unterschiedlicher Widerrufsbelehrungen ist Wettbewerbsverstoß  

 

7. AG Straußberg: Anruf und E-Mail zu Werbezwecken an Privatperson - bereits Versuch der Kontaktaufnahme unzulässig

- Auch wenn eine Privatperson gar nicht telefonisch erreicht werden konnte, weil sie nicht anwesend war, ist bereits der Versuch, telefonisch Kontakt aufzunehmen, unzulässig

 


 

1. BGH: "Zentrum" und "Center" 

Ein "Zentrum" ist nach Auffassung des BGH nicht das gleiche wie ein "Centrum". Der Begriff mit dem Z am Anfang werde von den Verkehrskreisen als Hinweis auf eine besondere Bedeutung einer Einrichtung verstanden, die über den Durchschnitt gleichartiger Einrichtungen hinausragt. Im der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall ging es um die Bezeichnung "neurologisch/vaskuläres Zentrum" für ein Krankenhaus. Die Richter waren der Meinung, dass diese Bezeichnung nicht gerechtfertigt sei, weil das so bezeichnete Krankenhaus nicht über überdurchschnittliche Ausstattung und Erfahrung auf dem Gebiet der Behandlung neurologischer Erkrankungen verfügte.

Die Bezeichnung als Zentrum könne aber das Marktverhalten der angesprochenen Verkehrskreise durchaus beeinflussen. Ein Bedeutungswandel des Begriffes, wie ihn der BGH bei der Bezeichnung "Center" festgestellt habe, liege hier nicht vor.

BGH vom 18.1.2012; Az. I ZR 104/10
Fundstelle: eigene

 

2. BGH: Urheberrechtlicher Lizenzvertrag über Werk, das urheberrechtlich nicht geschützt ist, ist wirksam

Geistige Leistungen sind geschützt, wenn sie Urheberrechtsqualität aufweisen. Ob dies der Fall ist, ist meist schwer beurteilen. Oft werden dennoch Verträge über die Nutzung derartige Leistungen geschlossen, weil die Parteien von der Urheberrechtsfähigkeit ausgehen. Der BGH hat nun entschieden, dass diese Verträge wirksam sind, auch wenn die vermutete Urheberrechtsfähigkeit tatsächlich nicht vorliegt.

Dies sei ständige Rechtsprechung im Patent- und Gebrauchsmusterrecht. Die Unfähigkeit des Lizenzgegenstandes berühre die Rechtsverbindlichkeit des Lizenzvertrages nicht. Dies beruhe auf der Erwägung, dass ein Lizenzgeber regelmäßig keine verbindliche Zusage zum Rechtsbestand seines Schutzrechtes geben kann. Denn die Frage des Bestehens eines Schutzrechtes einer geistigen Leistung, hier eines möglichen Urheberrechtes, könne letztlich verbindlich nur von einem Gericht entschieden werden.

BGH vom 2.2.2012; AZ. I ZR 162/09
WRP 2012,1405

 

3. BGH: "pjure" mit "pure" nicht verwechslungsfähig

Der Inhaber der deutschen Wortmarke "pjur" ging gegen die Marke "pure" vor, weil er darin eine Verletzung seiner Marke sah. Der BGH wies die Klage zurück. Das Wort "pure" entstamme der englischen Sprache, werde als "pjur" ausgesprochen und bedeute "rein, sauber, und vermischt". Beide Begriffe seien rein beschreibend und könnten daher nicht miteinander verwechselt werden.

BGH vom 9.2.2012; Az. I ZR 100/10
Fundstelle: eigene

 

4. BGH: Der Geschäftsführer haftet für Markenverletzungen auch persönlich

Für mögliche Kennzeichenverletzungen haftet nicht nur ein Unternehmen, sondern auch dessen Geschäftsführer persönlich. Auch wenn er die Bezeichnung eines Unternehmens, durch die die Verletzung erfolgt, nicht selbst ändern kann, müsse er notfalls auf die Änderung der Bezeichnung auch in einem Gesellschaftsvertrag hinwirken.

BGH vom 19.4.2012; Az. I ZR 86/10
Fundstelle eigene

 

5. LG Osnabrück: "ehem. NP" bei Kfz Verkauf irreführend

Ein Autohaus hatte den Verkauf eines Kraftfahrzeugs mit dem Hinweis beworben "ehem. NP". Gemeint war damit der "ehemalige Neupreis", also der Preis, den das Fahrzeug vor der Zulassung beim Händler kostete. Das LG Osnabrück war der Meinung, dass die Bezugnahme auf einen anderen Preis stets klar und eindeutig sein müsse. Unter "Neuwagenpreis" könne aber sowohl die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers, der Neuwagenpreis des Händlers oder eines anderen Händlers zu verstehen sein. Deswegen sei diese Aussage irreführend und unzulässig.

LG Osnabrück vom 9. 7. 2012; Az. 16 O 37/12
WRP 2012, S. 1307

 

6. OLG Hamm: Verwendung zweier unterschiedlicher Widerrufsbelehrungen ist Wettbewerbsverstoß

Ein Unternehmen hatte eine der aktuellen Rechtslage entsprechende Widerrufsbelehrung auf seiner Internetseite eingestellt, aber offensichtlich übersehen, dass eine ältere Widerrufsbelehrung sich noch an einer anderen Stelle des Internetangebotes befand. Das OLG Hamm verurteilte das Unternehmen deswegen wegen eines Verstoßes gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Ein Besucher werde dann, wenn er die (falsche) Belehrung lese, die Angaben ernst nehmen und deswegen keine Veranlassung sehen, an anderer Stelle nach einer anderen, korrekten Widerrufsbelehrung zu suchen.

OLG Hamm vom 24.5.2012; Az. U 48/12
JurPC Web-Dok. 135/2012, Abs. 1 – 30

 

7. AG Straußberg: Anruf und E-Mail zu Werbezwecken an Privatperson - bereits Versuch der Kontaktaufnahme unzulässig

Auch eine Privatperson kann sich gegen unaufgeforderte Werbeanrufe und Werbemails rechtlich zur Wehr setzen. Unverlangte Telefonanrufe im Privatbereich zu geschäftlichen Zwecken sind ebenso unzulässig wie unverlangt zugesandte E-Mails. Daran ändert auch nichts, dass die Privatperson gar nicht telefonisch erreicht werden konnte, weil sie nicht anwesend war. Bereits der Versuch, telefonisch Kontakt aufzunehmen, reicht aus.

Im vorliegenden Fall berief sich das werbende Unternehmen auf seine allgemeinen Geschäftsbedingungen, denen der Angerufene im Rahmen einer E-Mail zugestimmt habe und die den Anruf zu Werbezwecken sowie die Zusendung von E-Mails erlaube.

Das AG Strausberg kam zu dem Ergebnis, dass durch die unverlangten Werbeanrufe und Werbe E-Mails in unzulässiger Weise in das Persönlichkeitsrecht einer Privatperson eingegriffen werde. Selbst wenn tatsächlich ein Einverständnis mit den allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgelegen habe, sei dies irrelevant, weil diese rechtlich nicht in Ordnung waren. Eine wirksame Einwilligungserklärung müsse für einen konkreten Fall erteilt werden, aus ihr müsse hervorgehen, welches Unternehmen für welche Produkte telefonisch werben dürfe. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt.

AG Strausberg vom 9. 2. 2012; Az. 9 C 286/11
WRP 2012, S. 1314

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Dr. Peter Schotthöfer & Florian Steiner

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