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Neues Recht für Versandhandel: Das Fernbsatzgesetz (FernAbsG)

Die Richtlinie 97/7 des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates vom 20.05.1997 über den Verbraucherschutz bei Fernabsatzgeschäften war durch die nationalen Gesetzgeber innerhalb von drei Jahren umzusetzen. Der deutsche Gesetzgeber ist dieser Verpflichtung durch den Erlaß des Fernabsatzgesetzes ( FernAbsG ) vom 27.6.2000 nachgekommen. Es gilt für alle Vertragsschlüsse im Anwendungsbereich des FernAbsG ab dem 01.07.2000.

Das Gesetz will den Verbraucher vor irreführenden und aggressiven Verkaufsmethoden im Fernabsatz, insbesondere durch Informationspflichten des Unternehmers und das Widerrufsrecht des Verbrauchers schützen.

 

1) Anwendungsbereich

Das FernAbsG ist anwendbar auf alle Verträge über die Lieferung von Waren und Dienstleistungen, die auf Distanz, d.h. ohne gleichzeitige physische Anwesenheit der Vertragsparteien ( Unternehmer und Verbraucher ) mit Fernkommunikationsmitteln geschlossen werden. Hierunter fallen vor allem E-Mails, Briefe, Kataloge, Telefonanrufe ( Telefonmarketing ), Faxe sowie Rundfunk-, Tele-, und Mediendienste ( Tele-Shopping ).

Das Bürgerliche Gesetzbuch ( BGB ) definiert den Verbraucher als natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft abschließt, ohne gewerblich oder selbständig beruflich tätig zu sein. Der Unternehmer handelt dagegen in Ausübung seiner gewerblichen Tätigkeit oder als Selbständiger. Dem FernAbsG unterliegen daher nur Verträge mit privaten Endverbrauchern; Business - to - Business Geschäfte scheiden aus.

Die genannten Fernkommunikationsmittel müssen zu Vertragsanbahnung und Vertragsschluß ausschließlich verwendet werden. Treten Unternehmer und Verbraucher nur einmal persönlich in Kontakt ( z.B. persönliche Beratung im Ladenlokal ), ist das FernAbsG nicht anwendbar (>1).

Der Vertragsschluß muß im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- und Dienstleistungssystems des Unternehmers erfolgen. Der Unternehmer muß also sachlich und personell darauf eingestellt sein, Fernabsatz zu treiben. Nimmt er z.B. nur ausnahmsweise telefonische Bestellungen an oder versendet er nur gelegentlich Waren per Post, so ist dies nicht ausreichend. Allerdings muß diese Definition noch genaue Konturen im Laufe der Jahre durch gerichtliche Entscheidungern erhalten.

Ausdrücklich ausgenommen vom FernAbsG sind Verträge, die zwar auf Distanz geschlossen werden, aber nicht die "klassische" Waren- oder Dienstleistung betreffen, insbesondere Finanzdienstleistungen, Fernunterrichtsverträge und Verträge über Lebensmittel und Gegenstände des täglichen Bedarfs ( "Pizzahändler" - Klausel, "fliegende Händler" - Klausel ). In Vorbereitung ist allerdings eine Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen.

Das FernAbsG findet darüber hinaus keine Anwendung, sofern andere Vorschriften für den Verbraucher günstigere Regelungen vorsehen. Es garantiert einen Mindestschutz, ist aber bei Überschneidungen mit anderen Verbraucherschutzgesetzen wie Verbraucher - KreditG, Haustür - WiderrufsG, Teilzeit-WohnrechteG etc. subsidiär.

 

 

2) Informationspflichten des Unternehmers

Der Unternehmer muß dem Verbraucher vor Abschluß des Vertrages in irgendeiner Form den kommerziellen Geschäftszweck ( z.B. Versandverkauf ) und die komplette Adresse des Unternehmens, inklusive der Rechtsform offenbaren.

Beim Telefonmarketing sind diese Angaben bereits am Anfang des Gesprächs zu machen. Der Verbraucher muß dann seine Zustimmung zur Telefonwerbung geben, anderenfalls ist diese dem Unternehmer nach wie vor versagt(>2).

Im einzelnen ist der Kunde zu informieren über :

Identität und Anschrift des Unternehmers
Dabei reichen Firmenname und Anschrift, an die sich der Verbraucher bei Rückfragen wenden kann, aus.

 

Wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung

Wesentlich sind die Merkmale, die den Wert einer Ware oder
Dienstleistung beeinflussen sowie solche Umstände, die für die Entscheidung des Verbrauchers über den Vertragsschluß von derart wichtiger Bedeutung sind, daß eine vorvertragliche Aufklärungspflicht besteht. Auch werden klarere Konturen erst durch gerichtliche Entscheidungen entstehen

Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrages
Der Unternehmer muß den Verbraucher darüber informieren, wann für den Verbraucher eine rechtliche Bindung eintritt. Bei Katalog- oder Internetangeboten ist darauf hinzuweisen, daß mit Vornahme der Bestellung durch den Verbraucher Bindungswirkung entsteht.

 

Mindestlaufzeit des Vertrages bei dauernder bzw. wiederkehrender Leistung
Die Mindestlaufzeit eines derartigen Vertrages ist der Mindestzeitraum, für den die vertragliche Bindung besteht, ohne daß der Verbraucher die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung hat. Bei unbefristeten Verträgen bedeutet dies, daß der frühestmögliche Termin maßgeblich ist, zu dem der Verbraucher den Vertrag ordentlich kündigen kann.

Änderungsvorbehalt ( "Wir erlauben uns, eine in Qualität und Preis gleichwertige ober bessere Ware zu liefern, wenn die Bestellte nicht vorrätig ist" )
Im Falle der Ersatzlieferung ist der Verbraucher nicht zur Annahme verpflichtet und er muß nicht die Kosten der Rücksendung tragen(>3). Darauf ist er ebenfalls hinzuweisen.
Preis der Ware inklusiv aller Preisbestandteile und Steuern ( inkl. MwSt )
Ausgenommen von der Bruttopreisangabe sind weiterhin Angebote gegenüber gewerblichen Endverbrauchern.

Gegebenenfalls zusätzlich anfallende Liefer- und Versandkosten
An der bisherigen Pflicht zur Angabe von zusätzlich zum Warenpreis in Rechnung gestellten Liefer- und Versandkosten ändert sich nichts.

Einzelheiten zu Zahlung, Lieferung, Erfüllung
Darunter fallen, Liefertermine und Lieferfristen, Beschränkungen hinsichtlich vom Unternehmer akzeptierten Zahlungsmitteln, Orte, an denen die Parteien ihre Leistungen zu erbringen haben.

Bestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts gem. § 3 FernAbsG
( "Der Vertrag kann innerhalb von 2 Wochen widerrufen werden..., Der Widerruf kann auch durch Rücksendung der Ware innerhalb der 2-Wochenfrist erfolgen )
An dieser Stelle ist noch keine detaillierte Belehrung des Verbrauchers erforderlich. Es genügt die Angabe, daß ein Widerrufs- bzw. Rückgaberecht besteht und die Frist dazu zwei Wochen beträgt.

Kosten für die Nutzung von Fernkommunikationsmitteln, wenn sie über übliche Grundtarife hinausgehen
Dazu gehören insbesondere erhöhte Gebühren für die Benutzung von Mehrwerttelefon- und Faxnummern ( 0900 bzw. 0190 - Nummern ). Der Unternehmer ist zur Aufklärung über die Höhe der Gebühr verpflichtet ( z.B. 24 Pf/Minute ).

Gültigkeitsdauer bei befristeten Angeboten ( Sonderangebote )

 

 

Diese Informationen können auch in AGBs enthalten sein. Besondere Bedeutung hat dann aber das Erfordernis der Verständlichkeit für den Verbraucher.

 

Nach Vertragsabschluß bis spätestens zur Lieferung der Ware an den Verbraucher muß der Unternehmer diese Informationen ( mit Ausnahme der beiden letzten ) dem Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung stellen.

Zusätzlich muß er in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form über Einzelheiten der Ausübung und die Rechtsfolgen des Widerrufs, den Kundendienst, die Gewährleistungs- und Garantiebedingungen informieren sowie eine für Beanstandungen zuständige Stelle und ladungsfähige Anschrift seines Unternehmens benennen. Dies nennt man die sog. Belehrungspflicht.

Aufgrund der derzeit noch bestehenden Rechtsunsicherheit bei der Verwendung elektronischer Medien ist die E-Mail als dauerhafter Datenträger nicht ausreichend. Aus Beweislastgründen ist dem Unternehmer anzuraten, die gewöhnliche Schriftform zu wählen. Die Informationen sollten also entweder auf einem gesonderten Blatt der Lieferung beigefügt werden oder auf der Rückseite von Rechnung/Bestellschein etc. abgedruckt werden. Beim Katalog genügt ein hervorgehobener und sichtbarer schriftlicher Hinweis.

 

Die Belehrungspflicht besteht nicht für Dienstleistungen, die unmittelbar durch den Einsatz von Fernkommunikationsmitteln erbracht werden, sofern diese Leistungen in einem Mal erfolgen und über den Betreiber der Fernkommunikationsmittel abgerechnet werden. Gemeint ist damit vor allem der Download von Software, Videos oder Musik von der Webseite des Unternehmers. Die Informationspflicht widerspräche hier der bezweckten schnellen Geschäftsabwicklung. Das Erfordernis "in einem Mal" ist nicht wortwörtlich ( i.S.v. ein ununterbrochener technischer Vorgang ) zunehmen. Es bedeutet, daß die Leistung unmittelbar und zur sofortigen Inanspruchnahme erbracht wird(>4). Liegt ein derartiges Geschäft vor, muß der Verbraucher letztlich aber zumindest über die Anschrift der Niederlassung des Unternehmers, bei der er seine Beanstandungen vorbringen kann, informiert werden.

 

3) Widerrufsrecht des Verbrauchers

Der Verbraucher kann den Vertrag nach Erhalt binnen einer Frist von zwei Wochen gegenüber dem Unternehmer widerrufen. Er kann dieses Widerrufsrecht auch dadurch ausüben, daß er die Ware innerhalb der Frist an den Unternehmer zurückschickt.

Eine Begründung des Widerrufs ist nicht erforderlich. Er muß aber schriftlich oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger ( s.o. ) erfolgen, sofern die Ware nicht lediglich zurück -gesendet wird. Die Widerrufsfrist beginnt nicht vor Erfüllung der Belehrungspflichten durch den Unternehmer ( s.o. ), bei Waren im übrigen erst am auf den Empfang folgenden Tag, bei Dienstleistungen am auf den Vertragsschluß folgenden Tag. Die Belehrung braucht aber vom Verbraucher nicht unterschrieben zu werden.

Kommt der Unternehmer seinen Pflichten nicht nach, erlischt das Widerrufsrecht erst vier Monate nach Erhalt der Ware bzw. bei Dienstleistunge nach Vertragsschluß oder mit Ausführung der Dienstleistung im Einverständnis mit dem Verbraucher.

Gänzlich ausgeschlossen ist das Widerrufsrecht bei Waren, die auf persönliche Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind oder deren Rücksendung wegen Verderblichkeit ausgeschlossen ist sowie bei Softwarelieferungen, die vom Verbraucher entsiegelt wurden.

Widerruft der Verbraucher den Vertrag, so hat dies zur Folge:

Der Verbraucher ist verpflichtet, die Ware auf Kosten und Gefahr des Unternehmers zurückzusenden. Der Unternehmer kann mit dem Verbraucher jedoch die Übernahme der Rücksendekosten bei einem Warenwert bis zu 40 Euro ( = 73,82 DM ) vertraglich vereinbaren.

Der Verbraucher hat dem Unternehmer Schadensersatz zu leisten, wenn eine Verschlechterung, der Untergang oder die Unmöglichkeit der Herausgabe der Ware eingetreten ist und der Verbraucher dies zu vertreten hat, weil er im Umgang mit dem empfangenen Gegenstand vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat.
Fehlt die Belehrung über das Widerrufsrecht, muß der Verbraucher nur solche Verschlechterungen ersetzen, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet hat. Dies bedeutet, daß beim Fehlen der Belehrung im Ergebnis eine deutlich geringere Verantwortung des Verbrauchers für den zurückzusendenden Gegenstand eintritt.

 

Der Verbraucher muß für die Überlassung bzw. Benutzung der Sache eine Vergütung an den Unternehmer zahlen. Wie diese allerdings zu berechnen ist, kann im Einzelfall sehr schwierig sein. Die Gerichte werden hierfür auf bereits bekannte Berechnungsmethoden zurückgreifen.

 

 

4) Finanzierte Verträge

Wird der Kaufpreis vom Unternehmer mittels Kredit finanziert ( finanzierter Kauf ), beseitigt der Widerruf nach FernAbsG auch den Kreditvertrag.

Dies gilt auch dann, wenn der Kredit von einem Dritten gewährt wird, der Kreditvertrag und der Kaufvertrag aber eine wirtschaftliche Einheit bilden. Die wirtschaftliche Einheit liegt dann vor, wenn sich der Dritte ( Kreditgeber ) bei der Vorbereitung oder dem Abschluß des Kreditvertrages der Mitwirkung des Unternehmers bedient; der Unternehmer also z.B. den Kreditgeber an den Verbraucher vermittelt oder den Kreditgeber über seine Vertriebsnetze werben läßt.

Kreditvertrag ist sowohl ein echtes Darlehen, als auch ein entgeltlicher Zahlungsaufschub(>5).

In den Belehrungen zum Widerrufs - und Rückgaberecht muß der Unternehmer auf die Möglichkeit, sich vom Kreditvertrag zu lösen, hinweisen ( z.B. "der wirksame Widerruf des Kaufvertrages beseitigt gleichzeitig auch den zugrundeliegenden Kreditvertrag" ).

Entfällt auf diese Weise der Kreditvertrag, so haben die Vertragspartner die schon empfangenen Leistungen ( wie etwa den Kreditbetrag ) zurückzugewähren. Ansprüche des Kreditgebers gegen den Verbraucher auf Zahlung von Zinsen und Kosten sonstiger Art sind jedoch ausgeschlossen.

Ist der Kreditbetrag eines Dritten dem Unternehmer schon zugeflossen, tritt der Dritte in die Rechte und Pflichten des Unternehmers ein, wenn der Verbraucher widerruft.

 

4) Geltung

Die Vorschriften des FernAbsG sind zwingend. Regelungen zum Nachteil des Verbrauchers sind unwirksam. Vereinbarungen zu seinen Gunsten können jederzeit getroffen werden.

Da das FernAbsG für den Unternehmer mit erheblichem Aufwand verbunden ist, besteht die Gefahr der Umgehung seiner Vorschriften. In diesen Fällen der Umgehung findet das Gesetz dennoch Anwendung. Eine Umgehung liegt jedoch nicht vor, wenn der Unternehmer nicht (mehr) ausschließlich im Verhältnis zum Verbraucher Fernkommunikationsmittel verwendet. Dann ist das FernAbsG schon nicht anwendbar (s.o.) mit der Folge, daß die umfangreiche Informations-und Belehrungspflicht entfällt.

Verkaufsprospekte, die vor dem 01.10.2000 hergestellt wurden und die der Informationspflicht noch nicht genügen, durften bis zum 31.03.2001 aufgebraucht werden.

 

 

 

Einzelfragen zum FernAbsG:

 

1) Zum Begriff des dauerhaften Datenträgers in § 2 III FernAbsG

Der Begriff des dauerhaften Datenträgers ist im BGB definiert ( § 361 a III BGB ). Danach ist darunter eine Urkunde oder ein sonstiges Schriftstück zu verstehen, das dem Verbraucher für eine dem jeweiligen Rechtsgeschäft entsprechende Zeit die inhaltlich unveränderte Wiedergabe der Informationen erlaubt. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers kommen insbesondere auch elektronische Medien in Betracht, d.h. auch die E-Mail unter der Voraussetzung, daß die Dauerhaftigkeit der Informationen sichergestellt ist. Ausreichend hierfür ist, wenn die E-Mails auf dem Server beim Online-Provider des Verbrauchers ankommen, auf den der Verbraucher zugreifen kann und zwecks Abruf seiner Mails auch regelmäßig zugreift (>6).

Gerade die Dauerhaftigkeit der Information ist aber mit einer E-Mail bislang noch nicht garantiert, zu groß ist die Gefahr von Manipulationen, Übertragungsfehlern und ungelesener Löschung der E-Mail durch den Verbraucher. Der Schutzzweck des FernAbsG verlangt aber, daß der Verbraucher umfassend über seine Rechte informiert ist.

Da der Unternehmer darüber hinaus nach § 361 a III S. 2 BGB die Beweislast für den Informations- und Erklärungsinhalt trägt, d.h. er dauerhaft in der Lage sein muß, zu beweisen, welche Informationen dem Verbraucher zugegangen sind, bleibt ihm letztendlich nichts anderes übrig, als auf die bewährte Information per Schriftstück zurückzugreifen. Mit Log-Files, Sendeberichten oder Hard Copies der E-Mails kann er den Beweis in einem etwaigen Prozeß nämlich nicht führen(>7).

Die Informationen müssen also entweder auf einem gesonderten Blatt der Lieferung beigefügt werden oder auf der Rückseite von Rechnung/Bestellschein etc. abgedruckt werden. Beim Katalog genügt ein hervorgehobener und sichtbarer schriftlicher Hinweis.
Verbesserungen sind von der Umsetzung der Signatur-Richtlinie 99/93 des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates vom 13.12.99 zu erwarten. Dann wird die elektronischen Signatur ( Art. 229 § 2 III EGBGB ) als Äquivalent zur herkömmlichen Schriftform Beweiserleichterungen schaffen.

 

2) Rechtsnatur des Widerrufs nach § 361 a BGB

Trotz des ursprünglichen Verständnisses der deutschen Verbrauchergesetze ist der Widerruf nicht länger rechtshindernd ausgestaltet, sondern rechtsvernichtend. Nach § 7 VerbrKrG a.F. § 1 HaustürWG a.F. war der Vertrag bis zum Widerruf bzw. Ablauf der Widerrufsfrist schwebend unwirksam. Dies zeigt der Wortlaut der Vorschriften ( ... "wird erst wirksam, wenn ... nicht widerruft" ).

Die Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie hat dieses Verständnis geändert. Der Widerruf ist nun der Anfechtung angenähert, braucht aber nicht unter Angabe von Gründen zu erfolgen (... "so ist er an seine ... Willenserklärung nicht mehr gebunden" ). Auswirkungen hat dies bei § 767 ZPO. Eine Vollstreckungsabwehrklage ist nun bei Widerruf möglich, da eine für

§ 767 II erforderliche rechtsvernichtende Einwendung vorliegt.

 

3) Zahlung innerhalb der Widerrufsfrist als Verzicht auf das Widerrufsrecht

Fraglich ist die Rechtsfolge in folgendem Fall:

Vertragsklausel mit folgendem Inhalt: "Ich bezahle per Überweisung innerhalb von 10 Tagen nach Erhalt der Ware", wenn die Zahlung durch den Verbraucher tatsächlich umgehend erfolgt.

Unzweifelhaft ist der Akt der Zahlung als konkludente Vertragsannahme zu werten. Da der Widerruf inzwischen auch rechtsvernichtend ausgestaltet ist ( s.o. ), ist der Vertrag zustande gekommen.

Die Zahlung beinhaltet aber auch einen konkludenten ( durch schlüssiges Verhalten, nach dem der Kunde die Leistung als vertragsgemäß anerkennnt ) Verzicht auf das Widerrufsrecht gem. § 3 FernAbsG i.V.m. § 361a BGB. Dies läßt sich mit § 144 BGB belegen, dessen Rechtsgedanke auf den nun rechtsvernichtend ausgestalteten Widerruf übertragbar ist. Die rechtsvernichtende Anfechtung ist danach ausgeschlossen, wenn das anfechtbare Rechtsgeschäft vom Anfechtungsberechtigten bestätigt wird. Die Bestätigung ist eine nichtempfangsbedürftige Willenserklärung. Sie kann auch in schlüssigem Verhalten bestehen(>8). Dies ist in der Zahlung des Verbrauchers zu sehen. Er begibt sich damit seines längeren Prüfungsrechts von 2 Wochen, wenn er vor Ablauf der Widerrufsfrist an den Unternehmer zahlt.

Zu beachten ist allerdings, daß eine Klausel wie die oben genannte dann in einem Formularvertrag als Verzichtsklausel zu werten wäre und gegen §§ 3, 9 AGBG verstoßen würde, da der Widerrufsverzicht durch Zahlung für den Verbraucher, der zuvor umfassend über sein Widerrufsrecht gem. § 2 III FernAbsG belehrt wurde, überraschend ist. Die Klausel müßte deshalb mit einem entsprechenden Hinweis ( "mit Zahlung verzichte ich auf mein Widerrufsrecht aus..." ) versehen werden.

4) Sprache im Internet / Widerrufsbelehrung

Fraglich ist, ob die Verbraucherinformationen des FernAbsG in deutscher Sprache abzufassen sind. Bisweilen wird vertreten, daß vor allem dann, wenn sich der Unternehmer an Verbraucher aus aller Welt im Internet wendet, eine Information und Belehrung in englischer Sprache ausreicht. Von einem Internetnutzer, der sich bewußt auf eine Website begibt, die sich ersichtlich nicht ausschließlich an deutschsprachige Verbraucher richtet, wären Englischsprachkenntnisse zu erwarten(>9).

Dem steht aber § 2 II FernAbsG entgegen. Das Gebot der Verständlichkeit der Verbraucher- information verlangt, daß die am Ort des Verbrauchers typischerweise verstandene Sprache verwendet wird(>10).

Ausnahmen sind nur für spezielle Benutzergruppen, die ausschließlich auf Englisch miteinander kommunizieren, zu machen. Selbst dann dürfte es aber vor Gericht schwierig werden, den Nachweis der Vollständigkeit und Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrung des § 3 I FernAbsG i.V.m. § 361a I S. 6 BGB zu führen. Da die Gerichtssprache nach § 184 GVG deutsch ist, wird wohl kein deutsches Gericht die Vorlage einer englischen Widerrufsbelehrung genügen lassen, so daß ohnehin stets Übersetzung notwendig ist.

 

 

5) Ausfüllung und Auslegung der Pflichtangaben des § 2 II FernAbsG

Zur Ausfüllung und Auslegung der Anforderungen an Form, Inhalt und Gestaltung der Pflichtangaben des § 2 II FernAbsG läßt sich an das Transparenzgebot gem. § 9 AGBG anknüpfen(>11).

Demnach sind Pflichtangaben so zu gestalten, daß der rechtsunkundige Durchschnittsbürger in der Lage ist, die Angaben ohne Einholung von Rechtsrat zu verstehen(>12).

Deshalb verbietet sich die Verwendung juristischer Fachbegriffe, deren Bedeutung für den Laien unbekannt ist, sowie die Verwendung von Formulierungen, die zur Täuschung des Verbrauchers geeignet sind(>13).

Sanktion bei Verstoß gegen § 2 I, II FernAbsG

Bei einem Verstoß gegen § 2 I, II FernAbsG durch den Unternehmer hat der Verbraucher selbst keine Ansprüche. Einzige Sanktion, die dem Verbraucher dann zugute kommt, ist gem.
§ 3 I S. 2 FernAbsG die Verlängerung der Widerrufs- bzw. Rücknahmefrist bei Versäumung der Information auf einem dauerhaften Datenträger.

 

Im übrigen bleibt nur die Unterlassungsklage gem. § 22 I , II Nr. 4 AGBG durch Verbraucherschutzverbände, Wettbewerbsverbände, Industrie- und Handwerkskammern oder Handwerkskammern ( § 22 III AGBG ).

 

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